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IPRaxNeueste Informationen Heft 4 / 2011



Stelle am IPR-Institut Köln

Am Institut für internationales und ausländisches Privatrecht der Universität zu Köln (Prof. Dr. Mansel) ist eine Stelle als Wiss. Mit./Wiss. HK (20 Wochenstunden, ggf. Vollstelle) zu besetzen. Bewerbungen können gerichtet werden an: Prof. Dr. Mansel, Bewerbung Stelle, Gottfried-Keller-Str. 2, 50931 Köln bzw. ipr-institut@uni-koeln.de.


Max-Planck-Gesellschaft errichtet neues Institut zur juristischen Grundlagenforschung in Luxemburg

Am 1.6.2012 gaben die Max-Planck-Gesellschaft und die Regierung des Großherzogtums Luxemburg die Gründung des neuen „Max Planck Institute Luxemburg for International, European and Regulatory Procedural Law“ bekannt. Das Institut wird in den folgenden drei Bereichen tätig sein: im europäischen Zivilprozessrecht, in der internationalen Prozessführung und Schiedsgerichtsbarkeit sowie in Verfahrenfragen der Finanzmärkte und börsennotierter Konzerne. Prof. Dr. Burkhard Hess (Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg) und Prof. Dr. Marco Ventoruzzo (Bocconi University School of Law in Mailand und Pennsylvania State University) wurden zu Direktoren des Instituts berufen. Sie wollen ihre Arbeit in Luxemburg noch in diesem Jahr aufnehmen. Ein drittes wissenschaftliches Mitglied des Verwaltungsrats wird in Abstimmung mit den beiden Gründungsdirektoren ernannt werden. Der slowenische Juristin Verica Trstenjak, welche seit 2006 als Generalanwältin beim Europäischen Gerichtshof tätig ist, wird als auswärtiges wissenschaftliches Mitglied dem Institut angehören.
Das Luxemburger Institut soll umfassende Untersuchungen zum modernen Zivilprozessrecht sowie zur Streitbeilegung durchführen und verschiedene Ansätze zur Anfertigung von Verordnungen erarbeiten. Dabei wird es sich auf europäische und internationale, auf interdisziplinäre und vergleichende Elemente der Streitbeilegung und der Regulierung konzentrieren. Als erstes Max-Planck-Institut für juristische Forschungen, welches außerhalb Deutschlands belegen ist, wird es eng in mit der Fakultät für Rechts-, Wirtschafts- und Finanzwissenschaften der Universität Luxemburg zusammen arbeiten.


EU-Erbrechtsverordnung vom Rat der EU-Justizminister verabschiedet 

Am 7.6.2012 wurde die EU-Erbrechtsverordnung vom Rat der EU-Justizminister verabschiedet. Die Verordnung über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und die Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses ist abrufbar unter:http://www.bmj.de/SharedDocs/Downloads/DE/pdfs/ Erbrechts_Verordnung.pdf?__blob=publicationFile.


Neufassung Art. 17 und 17b EGBGB

Im Rahmen der Anpassung des EGBGB an die neue Rom III-VO (Verordnung Nr. 1259/2010 des Rates vom 20.12.2010 zur Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich des auf die Ehescheidung und Trennung ohne Auflösung des Ehebandes anzuwendenden Rechts) sieht der Referentenentwurf eines Gesetzes zur Anpassung der Vorschriften des Internationalen Privatrechts an die Verordnung (EU) Nr. 1259/2010 und zur Änderung anderer Vorschriften des Internationalen Privatrechts vom 2.5.2012 folgende Neufassung der Art. 17 und 17b EGBGB vor. Art. 3 EGBGB wird redaktionell angepasst. Die Rom III-VO ist auf Ehescheidungen und die Trennung ohne Auflösung des Ehebandes in Fällen, die eine Verbindung zum Recht verschiedener Staaten aufweisen, ab dem 21.6.2012 intertemporal anzuwenden. Bis dahin wird Art. 17 EGBGB noch nicht geändert sein. Doch verdrängt das Verordnungsrecht das autonome Recht des Art. 17 EGBGB, soweit es dem Verordnungsrecht entgegensteht (Art. 288 Abs. 2 AEUV).

Konsolidierte Fassung beider Vorschriften nach dem Referentenentwurf:

Art. 17 wird wie folgt geändert:

a) Die Überschrift wird wie folgt gefasst:

„Artikel 17

Besondere Scheidungsfolgen; Entscheidung durch Gericht“.

b) Abs. 1 wird wie folgt gefasst:
„(1) Vermögensrechtliche Scheidungsfolgen, die nicht von anderen Vorschriften dieses Abschnitts erfasst sind, unterliegen dem nach der Verordnung (EU) Nr. 1259/2010 auf die Scheidung anzuwendenden Recht.“

c) Abs. 3 wird wie folgt gefasst:
„(3) Der Versorgungsausgleich unterliegt dem nach der Verordnung (EU) Nr. 1259/2010 auf die Scheidung anzuwendenden Recht; er ist nur durchzuführen, wenn danach deutsches Recht anzuwenden ist und ihn das Recht eines der Staaten kennt, denen die Ehegatten im Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags angehören. Im Übrigen ist der Versorgungsausgleich auf Antrag eines Ehegatten nach deutschem Recht durchzuführen, wenn einer der Ehegatten in der Ehezeit ein Anrecht bei einem inländischen Versorgungsträger erworben hat und soweit die Durchführung des Versorgungsausgleichs im Hinblick auf die beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse während der gesamten Ehezeit der Billigkeit entspricht.“

Art. 17b Abs. 1 Satz 4 wird wie folgt gefasst:
„Im Übrigen ist der Versorgungsausgleich auf Antrag eines Lebenspartners nach deutschem Recht durchzuführen, wenn einer der Lebenspartner während der Zeit der Lebenspartnerschaft ein Anrecht bei einem inländischen Versorgungsträger erworben hat und soweit die Durchführung des Versorgungsausgleichs im Hinblick auf die beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse während der gesamten Zeit der Lebenspartnerschaft der Billigkeit entspricht.“


Verletzung von Privatsphäre und Persönlichkeitsrechten und Reform der Rom II-VO

Das Europäische Parlament hat sich in einer nicht-legislativen Entschließung für eine Aufnahme von Regeln über das anwendbare Recht bei Verletzung von Privatsphäre und Persönlichkeitsrechten, einschließlich der Verleumdung, in die Rom II-VO ausgesprochen; bisher ist die Materie nach Art. 1 Abs. 2 lit. g Rom II-VO vom Anwendungsbereich der Verordnung ausgenommen. Eine einheitliche Regelung durch die Rom II-VO diene sowohl dem Schutz der Opfer grenzüberschreitender Verleumdung als auch dem Schutz von Journalisten und mindere zudem die Prozesskosten und die Gefahr von forum shopping.
Der von der Abgeordneten Cecilia Wikström vorbereitete Vorschlag sieht grundsätzlich die Anwendung des am Sitz des Verlags oder Senders geltenden, bei grenzüberschreitend tätigen Medien des im Staat des vorrangigen Zielpublikums geltenden Rechts vor, hilfsweise die Anwendung des Rechts des Staates, in dem die redaktionelle Kontrolle erfolgt. Das Recht auf Gegendarstellung, Vorbeugungsmaßnahmen und Unterlassungsklagen solle sich ebenfalls nach dem Recht im Sitzstaat des Verlags oder Senders richten.
Weitere Informationen können der Pressemitteilung des Europäischen Parlaments  entnommen werden (abrufbar unter http://bit.ly/JNEfMy).


Time-sharing-Richtlinie in Spanien umgesetzt

Ein Jahr nach Ablauf der Umsetzungsfrist für die europäischen Richtlinie 2008/122/EC hat Spanien die an diese angepassten Vorschriften für den Schutz der Verbraucher im Hinblick auf bestimmte Aspekte von Teilzeitnutzungsverträgen, Verträgen über langfristige Urlaubsprodukte sowie Wiederverkaufs- und Tauschverträgen durch das Königliche Gesetzesdekret 8/2012 vom 16.3.2012 (Real Decreto-ley 8/2012, de 16 de marzo, de contratos de aprovechamiento por turno de bienes de uso turístico, de adquisición de productos vacacionales de larga duración, de reventa y de intercambio) in das spanische Recht übertragen. Die Vorschriften gelten seit dem 18.3.2012 und entfalten eine aufhebende Wirkung im Hinblick auf die Vorgängerregelung, das Gesetz 42/1998 vom 15.12.1998.

Art. 17 des Königlichen Gesetzesdekrets unterstellt darin den Verbraucher dem Schutz dieses Gesetzesdekrets, wenn aufgrund der Anwendung der Rom I-Verordnung das Recht eines Drittstaaten anwendbar ist und einer der folgenden Fälle vorliegt:

„a) Wenn sich eine der in Rede stehenden Immobilien auf dem Gebiet des Europäischen Wirtschaftsraums befindet.

b) Im Falle eines nicht direkt mit Immobilien im Zusammenhang stehenden Vertrages, wenn der Unternehmer seine geschäftliche Tätigkeit in einem Mitgliedstaat ausübt oder aufgrund jedweden Mittels eine solche Tätigkeit an einen Mitgliedstaat richtet und der Vertrag in den Bereich dieser Tätigkeit fällt.“

Art. 20 des Königlichen Gesetzesdekrets sieht die Möglichkeit der Streitbeilegung aufgrund von Schiedsverfahren und anderen ADR-Methoden vor, welche auf der von der Europäischen Kommission veröffentlichten Liste über alternative Streitbeilegung für Verbraucherverträge enthalten sind.
Die in den Anhängen I–IV für die verschiedenen Arten der in dem Königlichen Gesetzesdekret geregelten Verträge bereit gestellten Standartformulierungen enthalten auch die Folgende: „In Übereinstimmung mit dem Internationalen Privatrecht kann der Vertrag der Gesetzgebung eines anderen als dem Mitgliedstaat, in dem der Verbraucher seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat, unterliegen oder etwaige Streitigkeiten können der Zuständigkeit anderer Gerichte als denen des Mitgliedstaates unterfallen, in dem der Verbraucher seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat.“


Rumänien: Geänderte Regelwerke des Internationalen Handelsschiedsgerichts

Bereits im Jahre 1953 wurde in Rumänien eine Schiedsgerichtskommission bei der Kammer für Handel und Industrie für die Beilegung von außenhandelsrechtlichen Streitigkeiten eingerichtet, die als Internationales Handelsschiedsgericht (Curtea de Arbitraj Comercial International – CACI) bei der Kammer für Handel und Industrie Rumäniens fortgeführt und auf der Grundlage des Gesetzes Nr. 335 vom 3.12.2007 reorganisiert wurde. Das heutige Internationale Handelsschiedsgericht ist eine ständige Schiedsinstitution für internationale handels- und zivilrechtliche wie auch rein inländische Streitigkeiten. Zu beachten sind vier Regelwerke, deren geänderte Fassungen im Januar 2012 veröffentlicht wurden. Dabei handelt es sich einerseits um die Regeln der Organisation und Funktionsweise des CACI und die Regeln des Kollegiums des CACI sowie andererseits um die Schiedsverfahrensordnung und die Gebührenordnung des CACI. Die am 23.1.2012 publizierte Neufassung der Schiedsverfahrensordnung (Reguli de procedur? arbitral?/Arbitration procedure rules of the court of arbitration) hält einige Überraschungen bereit. Von besonderer Relevanz für die Streitparteien ist das geänderte Procedere der Bestellung der Schiedsrichter, ihrer Ablehnung und Ersetzung (Art. 17, 19). Hiernach werden die Schiedsrichter ebenso wie die Ersatzschiedsrichter für jede Streitsache von der „appointing authority“ aus der Schiedsrichterliste bestellt. Maßgebend für das Verfahren zur Aufstellung der Schiedsrichterliste sind die Regeln der Organisation und Funktionsweise des CACI (Art. 4, 5). Gemäß Art. 4 Abs. 5 dieser Regeln können auch Ausländer unter den in Art. 4 Abs. 1 und 2 geregelten Voraussetzungen in die Liste aufgenommen werden. Mit der Neuregelung der Schiedsrichterernennung stellt sich das CACI auf die Seite jener Schiedsrechtler, die international eine kontroverse Debatte ausgelöst haben, indem sie zur Gewährleistung der Unparteilichkeit und Unabhängigkeit von Schiedsrichtern eine institutionelle Schiedsrichterbestellung anstelle einer Bestellung durch die Parteien vorgeschlagen haben. Alle Regelwerke und die aktuelle Schiedsrichterliste können auch auf Englisch über die Website des CACI unter http://arbitration.ccri.ro heruntergeladen werden. 
(Mitgeteilt von Dipl.-Jur. Christel Mindach, Berlin)


EuGVVO und Markenverletzung in Internetsuchmaschine

EuGH 19.4.2012 – Rs. C-523/10 – Wintersteiger AG ./. Products 4U Sondermaschinenbau GmbH

Art. 5 Nr. 3 EuGVVO ist dahin auszulegen, dass in einem Rechtsstreit über die Verletzung einer in einem Mitgliedstaat eingetragenen Marke, die dadurch begangen worden sein soll, dass ein Werbender auf der Website einer Suchmaschine, die unter der Top-Level-Domain eines anderen Mitgliedstaats betrieben wird, ein mit dieser Marke identisches Schlüsselwort verwendet hat, die Gerichte des Mitgliedstaats, in dem die Marke eingetragen ist, oder die Gerichte des Mitgliedstaats, in dem der Werbende niedergelassen ist, angerufen werden können.


Art. 1 Abs. 1 EuGVVO, Forderungsabtretung und Insolvenzanfechtungsrecht

EuGH 19.4.2012 – Rs. C-213/10 – F-Tex SIA ./. Lietuvos-Anglijos UAB „Jadecloud-Vilma“

Art. 1 Abs. 1 EuGVVO ist dahin auszulegen, dass eine Klage, die gegen einen Dritten von einem Anspruchsteller auf der Grundlage einer durch den im Rahmen eines Insolvenzverfahrens bestellten Verwalter erfolgten Forderungsabtretung erhoben wird, deren Gegenstand das Insolvenzanfechtungsrecht ist, das diesem Verwalter nach dem für das Insolvenzverfahren geltenden nationalen Recht zusteht, unter den Begriff der Zivil- und Handelssachen im Sinne dieser Bestimmung fällt.

Art. 15 Abs. 1 lit. c EuGVVO und Fernabsatz

Schlussanträge des Generalanwalts Pedro Cruz Villalón vom 24.5.2012 – Rs. C-190/11 – Daniela 

Mühlleitner ./. Ahmad Yusufi, Wadat Yusufi
Art. 15 Abs. 1 lit. c EuGVVO setzt nicht voraus, dass der Vertrag zwischen Verbraucher und Unternehmer im Fernabsatz geschlossen wurde.


§ 3 TMG als sachrechtliches Beschränkungsverbot

BGH 8.5.2012 – VI ZR 217/08

1. Die deutschen Gerichte sind zur Entscheidung über Klagen wegen Persönlichkeitsbeeinträchtigungen durch im Internet abrufbare Veröffentlichungen eines in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union niedergelassenen Anbieters jedenfalls dann international zuständig, wenn die Person, die sich in ihren Rechten verletzt fühlt, den Mittelpunkt ihrer Interessen in Deutschland hat.
2. § 3 TMG enthält keine Kollisionsnorm, sondern ein sachrechtliches Beschränkungsverbot.
3. Zur Zulässigkeit des Bereithaltens nicht mehr aktueller Beiträge in dem für Altmeldungen vorgesehenen Teil eines Internetportals (Online-Archiv), in denen ein verurteilter Straftäter namentlich genannt wird.


Anerkennung israelischer Entscheidungen

BGH 29.3.2012 – IX ZB 242/09

Dem Anerkennungsgericht obliegt die Prüfung bei der Anerkennung israelischer Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, ob die vom Gericht des Entscheidungsstaats in Anspruch genommene Zuständigkeit im Vertragskatalog enthalten ist.


Beitragsklage der tarifvertraglichen Lohnausgleichskasse

BAG 15.2.2012 – 10 AZR 711/10?

Zur Internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte für die 
Beitragsklage der Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien gegen ein Unternehmen mit Sitz in Litauen gem. Art. 1 Abs. 1 S. 1, 76, 67 EuGVVO i.V.m. § 8 AEntG a.F.


Schweizerische Nachlassstundung und inländische Prozessunterbrechung

BGH 20.12.2011 – VI ZR 14/11

Durch die Gewährung einer Nachlassstundung nach Art. 295 Abs. 1 S. 1 des Schweizer Bundesgesetzes über Schuldbeitreibung und Konkurs wird ein inländischer Rechtsstreit nicht unterbrochen.


Lehmann Brothers und § 37a WpHG

OLG München 22.5.2012 – 5 U 1725/11

1. Wird ein von der Emissionsgesellschaft Lehmann Brothers Treasury Co. B.V. emittiertes und von der Konzernobergesellschaft Lehman Brothers Holdings Inc. garantiertes Finanzprodukt dem potenziellen Anleger im Beratungs- oder Vermittlungsgespräch und in der schriftlichen Produktbeschreibung als eine Anlage dargestellt, hinter der die US-amerikanische Investmentbank stehe, so handelt es sich um eine objektiv bedeutsame Fehlinformation über eine wesentliche Produkteigenschaft, weil – entgegen den den Entscheidungen des Bundesgerichtshofes vom 27.9.2011 (XI ZR 187/10 und XI ZR 182/10) zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen – die Garantin Lehman Brothers Holdings Inc. personenverschieden ist von der unter Lehman Brothers Inc. firmierenden US-amerikanischen Investmentbank, letztere (nur) eine Tochtergesellschaft der Investmentbank ist und dem Bankenstatus des Vertragspartners – hier dem Status einer US-amerikanischen Investmentbank – unter dem Gesichtspunkt der Risikoträchtigkeit des Anlageproduktes in der Regel ein für den Anlageentschluss bedeutsames Gewicht zukommt.

2. Als Zeitpunkt der Anspruchsentstehung, mit dem die Verjährungsfrist des § 37a WpHG a.F. in Lauf gesetzt wird, ist der Zeitpunkt des unwiderruflichen und vollzogenen Erwerbs der Anlage anzusehen.

3. Eine mehrseitige, an potentielle Anlageinteressenten gerichtete Produktbeschreibung, die über die Funktionsweise des Zertifikats, die der Renditeberechnung zugrunde liegenden Bezugsfaktoren, die der Anleihe zugrundeliegende Investitionsstrategie, die Chancen und Risiken, die Partner und die steuerliche Behandlung informiert und schließlich eine 1-seitige Zusammenstellung der Eckdaten des Anlageproduktes enthält, ist als Prospekt im Sinne der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Prospekthaftung im engeren Sinne zu qualifizieren.


Dänischer Verein im deutschen Grundbuch

KG 22.5.2012 - 1 W 163/11

1. Zur Umschreibung des Eigentums auf eine ausländische juristische Person ist gegenüber dem Grundbuchamt deren Existenz, Erwerbsfähigkeit sowie die Vertretungsmacht der für sie Handelnden grundsätzlich durch öffentliche Urkunden nachzuweisen. Ist dies wegen der Besonderheiten des auf die juristische Person anzuwenden ausländischen Rechts nicht möglich, können die nach diesem Recht möglichen Nachweise ausreichend sein. ?

2. Dies ist bei der Eintragung eines dänischen Vereins der Fall, weil es in Dänemark ein dem deutschen Vereinsregister vergleichbares Register nicht gibt und die Gründung eines Vereins nicht an besondere Formvorschriften gebunden ist. Deshalb kann die Vorlage einer privatschriftlichen Satzung sowie eines Protokolls über die im Rahmen einer Mitgliederversammlung erfolgte Wahl des vertretungsberechtigten Vorstands zum Nachweis genügen.
(Mitgeteilt von: RiKG Ronny Müller, Berlin) 


Ordre public und Kindesanhörung

OLG Oldenburg 30.4.2012 – 4 UF 14/12

Einer ausländischen Sorgerechtsentscheidung ist nicht wegen Verstoßes gegen den ordre public die Anerkennung zu versagen, nur weil die Kindesanhörung nicht durch das Gericht persönlich, sondern durch eine Gutachterin erfolgt ist.


Intertemporales internationales Unterhaltsrecht

OLG Celle 13.4.2012 – 10 UF 22/12

1. Werden Unterhaltsansprüche für die Zeit nach dem 17.6.2011 geltend gemacht, bestimmt sich das anzuwendende Sachrecht ausschließlich nach dem Haager Protokoll über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht vom 23.11.2007 (Art. 22 HUntProt).

2. Wird ein Verfahren über Unterhaltsansprüche – gleich für welchen Zeitraum – nach dem 17.6.2011 eingeleitet, bestimmt sich das anzuwendende Sachrecht ausschließlich nach dem Haager Protokoll über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht vom 23.11.2007 (Art. 5 Abs. 2 EU-Ratsbeschluss vom 30.11.2009 [ABl EU 2009 L 331/17]). 

3. Soweit in einem vor dem 18.6.2011 eingeleiteten Verfahren Unterhaltsansprüche für die Zeit vor dem 18.6.2011 geltend gemacht werden, richtet sich das dafür anzuwendende Sachrecht weiterhin nach Art. 18 EGBGB a.F.
(Mitgeteilt vom 10. Zivilsenat OLG Celle)


MSA im Verhältnis zur Türkei

OLG Stuttgart 12.4.2012 – 17 UF 22/12

1. Zur fehlenden internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte nach Wechsel des Kindes in einen nicht durch die EuEheVO gebundenen Drittstaat (hier Türkei) und Begründung eines neuen gewöhnlichen Aufenthalts während der Anhängigkeit eines Umgangsverfahrens (keine „perpetuatio fori“). 

2. Zur Anwendung des MSA vom 5.10.1961 im Verhältnis zur Türkei. 
(Mitgeteilt vom OLG Stuttgart) 


Scheidung nach türkischem Recht

OLG Stuttgart 3.4.2012 – 17 UF 352/11

1. Zu den Voraussetzungen einer Scheidung nach türkischem Recht.

2. Derjenige Ehegatte, den das alleinige oder überwiegende Verschulden an der Zerrüttung der Ehe trägt, ist nicht berechtigt, einen Scheidungsantrag zu stellen.

3. Zur Rechtsmissbräuchlichkeit des Widerspruchsrechtes.


Internationale Zuständigkeit gemäß Art. 8 EuEheVO

OLG Stuttgart 30.3.2012 – 17 UF 338/11 

Für die internationale Zuständigkeit gemäß Art. 8 EuEheVO ist kein Raum, falls ein Kind bereits bei Anhängigkeit eines Sorge- oder Umgangsverfahren seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einen anderen Staat verlegt hatte. Hierfür ist ein Aufenthalt von 6 Monaten Dauer allenfalls Indiz, jedoch nicht zwingend vorauszusetzen.


Direktanspruch und § 287 ZPO

LG Saarbrücken 9.3.2012 – 13 S 51/11

Wird ein Schadensersatzanspruch aus einem Verkehrsunfall, der sich nach ausländischem (hier: französischem) Sachrecht richtet, als Direktanspruch gegen den ausländischen Haftpflichtversicherer vor einem deutschen Gericht geltend gemacht, ist § 287 ZPO bei der Bemessung des Schadens anwendbar.


Exekutionssperre und EuInsVO

AG Augsburg 26.3.2012 – 1 M 14615/11

1. Die Exekutionssperre des § 206 Abs. 1 österreichische Insolvenzordnung (IO) während des sog. Abschöpfungsverfahrens ist bei einer Zwangsvollstreckung eines Insolvenzgläubigers in Deutschland nach Art. 4 Abs. 2 S. 2 lit. k EuInsVO zu beachten.

2. Die Exekutionssperre nach § 206 Abs. 1 österreichische IO verbietet einem Insolvenzgläubiger die Einzelzwangsvollstreckung in das insolvenzfreie Vermögen.

3. Das Vollstreckungsgericht darf nur die formelle, aber nicht die materiellrechtliche Wirksamkeit der Vollmacht eines Vertreters, der eine notarielle Unterwerfungserklärung nach § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO abgegeben hat, prüfen.

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