Neueste Informationen Heft 3/2025
Neues internationales Namensrecht
Seit dem 1.5.2025 gilt die neue Fassung des Art. 10 EGBGB, die vom Staatsangehörigkeitsprinzip zum Aufenthaltsprinzip wechselt. Das Gesetz zur Änderung des Ehenamens- und Geburtsnamensrechts und des Internationalen Namensrechts vom 11.6.2025 (BGBl. 2024 I Nr. 185 vom 14.06.2024) hat die Norm wie folgt gefasst:
Art. 10 EGBGB Name
(1)
Der Name einer Person unterliegt den Sachvorschriften des Staates, in dem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat.
(2)
1Ehegatten können bei oder nach der Eheschließung durch Erklärung gegenüber dem Standesamt ihren künftig zu führenden Namen nach dem Recht eines Staates wählen,
1. dem einer von ihnen angehört oder
2. in dem einer von ihnen seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
2Nach der Eheschließung abgegebene Erklärungen müssen öffentlich beglaubigt werden.
(3)
1Der Inhaber der elterlichen Sorge kann durch Erklärung gegenüber dem Standesamt bestimmen, dass ein Kind den Namen erhalten soll
1. nach dem Recht des Staates, dem ein Elternteil oder das Kind angehört,
2. nach deutschem Recht, wenn ein Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, oder
3. nach dem Recht des Staates, dem ein den Namen Erteilender angehört.
2Nach der Beurkundung der Geburt abgegebene Erklärungen müssen öffentlich beglaubigt werden.
(4)
1Im Übrigen kann eine Person durch Erklärung gegenüber dem Standesamt für ihren Namen das Recht des Staates wählen, dem sie angehört.
2Die Erklärung muss öffentlich beglaubigt werden.
(5)
1Artikel 5 Absatz 1 findet bei der Rechtswahl keine Anwendung.
2Für die Auswirkungen der Wahl nach Absatz 2 oder 4 auf den Namen eines Kindes ist § 1617c des Bürgerlichen Gesetzbuchs sinngemäß anzuwenden.
Art. 13 EuErbVO: Zuständigkeit für eine Ausschlagungserklärung
EuGH 27.3.2025 – C-57/24 – Ławida
Art. 13 EuErbVO ist dahin auszulegen, dass die Gerichte des Mitgliedstaats des gewöhnlichen Aufenthalts einer Person, die eine Bestätigung erlangen möchte, dass das Versäumnis, fristgerecht eine Erklärung über die Ausschlagung einer Erbschaft abzugeben, für sie keine Rechtswirkungen entfaltet, nicht für die Erteilung einer solchen Bestätigung zuständig sind.
Art. 31 Abs. 1 EuInsVO 2017: Leistungen an den Schuldner
EuGH 27.3.2025 – C-186/24 – Matthäus Metzler ./. Auto1 European Cars BV
Art. 31 Abs. 1 EuInsVO 2017 ist dahin auszulegen, dass unter Leistungen an einen einem Insolvenzverfahren unterliegenden Schuldner, die an den Verwalter dieses Insolvenzverfahrens hätten erbracht werden müssen, auch Leistungen fallen, die aus einem Rechtsgeschäft, das der Schuldner nach Eröffnung dieses Insolvenzverfahrens und Übergang der Vermögensverwaltung auf den Verwalter abgeschlossen hat, resultieren, sofern ein solches Rechtsgeschäft nach dem Recht des Staates der Verfahrenseröffnung gegenüber den am Insolvenzverfahren beteiligten Gläubigern wirksam ist.
Art. 1 Abs. 1 EuUnterhVO: Abänderung einer Drittstaatenunterhaltsentscheidung
EuGH 27.3.2025 – C-67/24 – Amozov
1. Art. 1 Abs. 1 EuUnterhVO ist dahin auszulegen, dass ein Antrag auf Änderung einer von einem Gericht eines Drittstaats, der nicht Vertragspartei des HUÜ 2007 ist, erlassenen Unterhaltsentscheidung, der teils auf Herabsetzung der Höhe einer Unterhaltsleistung und teils darauf gerichtet ist, die betreffenden Unterhaltspflichten aufzuheben, und bei einem Gericht eines Mitgliedstaats vom Unterhaltspflichtigen, der Staatsangehöriger dieses Mitgliedstaats ist und im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, gegen die Unterhaltsberechtigten eingereicht wurde, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Hoheitsgebiet des Drittstaats haben, wobei einer nur die Staatsangehörigkeit des Drittstaats besitzt und die anderen neben dieser Staatsangehörigkeit auch die des Mitgliedstaats besitzen, in den Anwendungsbereich der genannten Verordnung fällt.
2. Art. 6 EuUnterhVO ist dahin auszulegen, dass die Regel der Auffangzuständigkeit der Gerichte des Mitgliedstaats der gemeinsamen Staatsangehörigkeit der Parteien anwendbar ist, wenn die Antragsgegner neben der Staatsangehörigkeit des Mitgliedstaats des angerufenen Gerichts die Staatsangehörigkeit eines Drittstaats besitzen.
3. Art. 7 EuUnterhVO ist dahin auszulegen, dass der Begriff „Ausnahmefälle“ im Sinne dieses Artikels, der es dem Gericht eines Mitgliedstaats ermöglicht, über einen Rechtsstreit nach der in diesem Artikel vorgesehenen Zuständigkeitsregel der Notzuständigkeit (forum necessitatis) zu entscheiden, den Fall erfasst, dass ein auf Aufhebung der Unterhaltspflichten gerichteter Antrag auf Änderung einer Unterhaltsentscheidung, die von einem Gericht eines Drittstaats erlassen wurde, der nicht Vertragspartei des HUÜ 2007 ist, vom Unterhaltspflichtigen, der Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats ist und seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats hat, bei einem Gericht dieses Mitgliedstaats gegen den Unterhaltsberechtigten, der Staatsangehöriger des Drittstaats ist und seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Hoheitsgebiet des Drittstaats hat, eingereicht wird, sofern es nicht zumutbar ist oder es sich als unmöglich erweist, einen solchen Antrag bei den Gerichten des betreffenden Drittstaats einzureichen.
EuEheVO 2019 und Vorfrage einer gerichtlichen Verkaufsgenehmigung
EuGH 6.3.2025 – C-395/23 – Anikovi
1. Die EuEheVO 2019 ist dahin auszulegen, dass die für ein minderjähriges Kind mit gewöhnlichem Aufenthalt in einem Mitgliedstaat beantragte gerichtliche Genehmigung für den Verkauf der Miteigentumsanteile dieses Kindes an in einem anderen Mitgliedstaat belegenen unbeweglichen Sachen unter die elterliche Verantwortung im Sinne von Art. 1 Abs. 1 lit. b EuEheVO 2019 fällt, da sie die in Art. 1 Abs. 2 lit. e EuEheVO 2019 genannten Schutzmaßnahmen betrifft, so dass gemäß Art. 7 Abs. 1 EuEheVO 2019 grundsätzlich die Gerichte des Mitgliedstaats, in dem das Kind zum Zeitpunkt der Antragstellung seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, für die Erteilung einer solchen Genehmigung zuständig sind.
2. Art. 351 AEUV ist dahin auszulegen, dass er das Verhältnis eines zwischen einem Mitgliedstaat und einem oder mehreren Drittstaaten vor dem Zeitpunkt des Beitritts dieses Mitgliedstaats zur Europäischen Union geschlossenen Vertrags zur EuEheVO 2019 regelt, wenn dieser Vertrag zwar nicht in Kapitel VIII EuEheVO 2019 genannt ist, aber Rechte verleiht, deren Beachtung durch den betreffenden Mitgliedstaat ein Drittstaat, der Partei dieses Vertrags ist, verlangen kann. Im Fall einer Unvereinbarkeit zwischen einem solchen Vertrag und der EuEheVO 2019, die ein Gericht dieses Mitgliedstaats im Rahmen eines bei ihm anhängigen Verfahrens, das einen sowohl durch diesen Vertrag als auch durch die Verordnung geregelten Bereich betrifft, nicht vermeiden kann, darf dieses Gericht die Bestimmungen des genannten Vertrags statt die der Verordnung anwenden, bis die zur Beseitigung dieser Unvereinbarkeit erforderlichen Maßnahmen in Kraft getreten sind, wobei der Mitgliedstaat alle für den Erlass und die Durchführung solcher Maßnahmen geeigneten Mittel anzuwenden hat.
Autonome Auslegung des Art. 25 EuGVVO
EuGH 27.2.2025 – C-537/23 – Società Italiana Lastre SpA (SIL) ./. Agora SARL
1. Art. 25 Abs. 1 EuGVVO ist dahin auszulegen, dass im Rahmen der Beurteilung der Gültigkeit einer Gerichtsstandsvereinbarung Rügen, die sich auf die behauptete Ungenauigkeit oder Unausgewogenheit dieser Vereinbarung beziehen, nicht anhand der gemäß dieser Bestimmung im Recht der Mitgliedstaaten definierten Kriterien betreffend die Gründe der „materiellen Nichtigkeit“ dieser Vereinbarung zu prüfen sind, sondern anhand eigenständiger Kriterien, die sich aus diesem Artikel ergeben.
2. Art. 25 Abs. 1 und 4 EuGVVO ist dahin auszulegen, dass eine Gerichtsstandsvereinbarung, nach der eine der Parteien nur das in ihr bezeichnete Gericht anrufen kann, während sie es der anderen Partei gestattet, neben diesem Gericht auch jedes andere zuständige Gericht anzurufen, gültig ist, sofern sie erstens die Gerichte eines oder mehrerer Staaten bezeichnet, die entweder Mitglieder der Europäischen Union sind oder LugÜ 2007, zweitens objektive Kriterien nennt, die so genau sind, dass das angerufene Gericht feststellen kann, ob es zuständig ist, und drittens nicht gegen die Art. 15, 19 oder 23 EuGVVO verstößt und nicht von einer ausschließlichen Zuständigkeit nach Art. 24 EuGVVO abweicht.
Art. 24 Nr. 4 EuGVVO gilt nicht für die Einrede der Patentunwirksamkeit
EuGH 25.2.2025 – C-339/22 – BSH Hausgeräte GmbH ./. Electrolux AB
1. Art. 24 Nr. 4 EuGVVO ist dahin auszulegen, dass ein Gericht des Wohnsitzmitgliedstaats des Beklagten, das nach Art. 4 Abs. 1 EuGVVO mit einer Klage wegen Verletzung eines in einem anderen Mitgliedstaat erteilten Patents befasst ist, zuständig bleibt, über diese Klage zu entscheiden, wenn der Beklagte im Rahmen des zugehörigen Verfahrens die Gültigkeit dieses Patents im Wege der Einrede anficht, wohingegen die Zuständigkeit für die Entscheidung über die Gültigkeit ausschließlich den Gerichten dieses anderen Mitgliedstaats zukommt.
2. Art. 24 Nr. 4 EuGVVO ist dahin auszulegen, dass er keine Anwendung auf ein Gericht eines Drittstaats findet und einem solchen Gericht folglich keinerlei Zuständigkeit – weder eine ausschließliche noch eine sonstige – für die Beurteilung der Gültigkeit eines von diesem Staat erteilten oder validierten Patents zuweist. Ist ein Gericht eines Mitgliedstaats auf der Grundlage von Art. 4 Abs. 1 EuGVVO mit einem Verfahren wegen Verletzung eines in einem Drittstaat erteilten oder validierten Patents befasst, in dessen Rahmen die Frage der Gültigkeit des Patents im Wege der Einrede aufgeworfen wird, ist dieses Gericht nach diesem Art. 4 Abs. 1 zuständig, über die Einrede zu entscheiden, da seine Entscheidung hierzu weder Auswirkungen auf das Bestehen oder den Inhalt des Patents in diesem Drittstaat haben noch zur Änderung des nationalen Registers des Drittstaats führen kann.
Funktionell begrenzte Anerkennung einer Heiratsurkunde, die eine gleichgeschlechtliche Ehe ausweist
Schlussanträge des Generalanwalts Jean Richard de La Tour beim EuGH 3.4.2025 – C-713/23
Art. 20 und Art. 21 Abs. 1 AEUV in Verbindung mit Art. 7 Charta der Grundrechte sind dahin auszulegen, dass sie der Regelung eines Mitgliedstaats, dessen Staatsangehörigkeit ein Unionsbürger besitzt, nicht entgegenstehen, nach der dessen in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig ausgestellte Heiratsurkunde über die bei Ausübung seines Rechts, sich frei zu bewegen und aufzuhalten, mit einer Person gleichen Geschlechts geschlossene Ehe nicht in ein Personenstandsregister eingetragen werden darf, wenn es im ersteren Mitgliedstaat andere Möglichkeiten gibt, um Personen gleichen Geschlechts die Anerkennung ihrer Ehe gegenüber Dritten zu gewährleisten.
Hingegen stehen sie einer Regelung oder der Praxis eines Mitgliedstaats, dessen Staatsangehörigkeit ein Unionsbürger besitzt, entgegen, nach der dessen in einem anderen Mitgliedstaat bei Ausübung seines Rechts, sich frei zu bewegen und aufzuhalten, mit einer Person gleichen Geschlechts rechtmäßig geschlossene Ehe nicht durch beliebige Mittel oder Dokumente, die eine eheliche Bindung und den von den Ehegatten gewählten Namen belegen, anerkannt werden darf, weil der erstere Mitgliedstaat eine solche Ehe nicht vorsieht.
Art. 8 Nr. 1 EuGVVO, Konzernbeteiligung und Kartellanten
Schlussanträge der Generalanwältin Juliane Kokott beim EuGH 3.4.2025 – C-672/23
1a. Eine enge Beziehung im Sinne von Art. 8 Nr. 1 EuGVVO liegt zwischen Klagen vor, die gegen Gesellschaften erhoben werden, bei denen gewichtige Indizien dafür vorliegen, dass sie Teile von Unternehmen im kartellrechtlichen Sinn sind, die gemeinsam eine Zuwiderhandlung gegen das unionsrechtliche Kartellverbot begangen haben, sofern nicht von vornherein ausgeschlossen ist, dass die beklagten Gesellschaften zu den betreffenden Unternehmen gehören.
1b. Die Vorhersehbarkeit des Gerichtsstands ist im Rahmen der Bestimmung der Zuständigkeit nach Art. 8 Nr. 1 EuGVVO kein Tatbestandsmerkmal, sondern ein allgemeines Prinzip, das bei der Auslegung jeder besonderen Zuständigkeitsregel dieser Verordnung beachtet werden muss.
2. Im Rahmen der Prüfung der Zuständigkeit nach Art. 8 Nr. 1 EuGVVO sind die Erfolgsaussichten der Klage gegen den Ankerbeklagten zwar zu beachten, allerdings nur als Indiz dafür, dass der Kläger die Voraussetzungen für die Anwendung dieser Bestimmung nicht künstlich herbeigeführt hat, was bei einer offensichtlich unbegründeten Klage der Fall sein kann.
3a. Die Tatsache, dass der Schaden, der im Rahmen einer kartellrechtlichen Schadensersatzklage vor einem mitgliedstaatlichen Gericht geltend gemacht wird, außerhalb des EWR eingetreten ist, führt nicht dazu, dass die Klage im Rahmen der Prüfung der Zuständigkeit als offensichtlich unbegründet eingestuft werden muss.
3b. Die widerlegbare Vermutung, nach der eine Muttergesellschaft, die unmittelbar oder mittelbar das gesamte oder nahezu das gesamte Kapital einer Tochtergesellschaft hält, einen bestimmenden Einfluss auf diese Tochtergesellschaft ausübt, kann in Kartellschadenssachen angewandt werden.
3c. Die Tätigkeit einer Zwischenholding, die ausschließlich Anteile verwaltet und hält, kann einen konkreten Zusammenhang zu dem Gegenstand einer wettbewerbsrechtlichen Zuwiderhandlung aufweisen, für die ihre sie bestimmende Muttergesellschaft haftbar gemacht wird. Dies ist insbesondere der Fall, wenn eine Tochter der Zwischenholding, auf die diese ihrerseits einen bestimmenden Einfluss ausübt, einer wirtschaftlichen Tätigkeit nachgeht, die einen konkreten Zusammenhang zum Gegenstand der Zuwiderhandlung der Großmuttergesellschaft aufweist.
4. Unter Art. 8 Nr. 1 EuGVVO kann nur ein Beklagter Ankerbeklagter sein, der seinen Wohnsitz im Bezirk des angerufenen Gerichts hat, da diese Bestimmung nicht nur die internationale, sondern auch die örtliche Zuständigkeit unmittelbar regelt. Dies steht einer internen Verweisung an ein anderes Gericht desselben Mitgliedstaats nicht entgegen, sofern hierdurch die effektive Durchsetzung der Verordnung nicht beeinträchtigt wird.
Art. 7 Abs. 2 EuGVVO: App-Monopol-Delikt und Verbandsklage
Schlussanträge des Generalanwalts Manuel Campos Sánchez-Bordona beim EuGH 27.3.2025 – C-34/24
Art. 7 Abs. 2 EuGVVO ist wie folgt auszulegen:
Sofern man im Fall der missbräuchlichen Ausnutzung einer beherrschenden Stellung, die darin besteht, eine Provision auf den Preis von Apps zu erheben, die auf einer speziell auf den gesamten Mitgliedstaat ausgerichteten Online-Plattform verkauft werden, als schädigendes Ereignis den Verkauf solcher Apps ansieht, kann der Ort, an dem dieses Ereignis eingetreten ist, der Wohnsitz des Benutzers, der die Apps gekauft hat, in diesem Mitgliedstaat sein.
Als Ort der Verwirklichung des Schadenserfolgs kann der innerhalb des betroffenen Marktes liegende Wohnsitz des Benutzers angesehen werden, der durch die Zahlung von Preisaufschlägen beim Kauf der Apps die Folgen der missbräuchlichen Ausnutzung einer beherrschenden Stellung erlitten hat.
Beim gegenwärtigen Stand des Unionsrechts ändert sich die Auslegung von Art. 7 Abs. 2 EuGVVO nicht, wenn die Klage von einer Einrichtung erhoben wurde, die nach nationalem Recht qualifiziert ist, Verbandsklagen zu erheben, wozu die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen im eigenen Namen zur Wahrung der Interessen einer Vielzahl von Benutzern gehören kann.
Die sich aus der Anwendung von Art. 7 Abs. 2 EuGVVO ergebende Zuweisung der internationalen und örtlichen Zuständigkeit an ein Gericht eines Mitgliedstaats ist mit einer nationalen Regelung vereinbar, die es einem Gericht erlaubt, sich zugunsten eines anderen Gerichts, bei dem bereits eine ähnliche Klage anhängig ist, für unzuständig zu erklären, wenn diese Regelung dem Ziel einer geordneten Rechtspflege dient, was das vorlegende Gericht zu prüfen hat.
Brexit und intertemporales Kollisionsrecht
Vorabentscheidungsersuchen der Cour de cassation (Frankreich) 3.5.2024 – C-350/24
1. Ist das Abkommen über den Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft (EAG), das mit Beschluss (EU) 2020/135 des Rates der Europäischen Union vom 30. Januar 2020 genehmigt wurde, dahin auszulegen, dass eine Regelung des Vereinigten Königreichs, mit der Art. 19 Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen umgesetzt wird, von einem Gericht, das nach dem Ende des Übergangszeitraums entscheidet, als Regelung eines Mitgliedstaats zu betrachten ist, mit der eine Richtlinie umgesetzt wird, sofern sich der Sachverhalt vor diesem Zeitpunkt zugetragen hat und/oder das Gerichtsverfahren vor diesem Zeitpunkt eingeleitet wurde?
2. Ist Art. 288 AEUV dahin auszulegen, dass ein mit einem Rechtsstreit zwischen Privatpersonen befasstes nationales Gericht, das das Recht eines anderen Mitgliedstaats anzuwenden hat, die Vorschriften dieses Rechts im Einklang mit einer Richtlinie auslegen muss, ohne dass dem der Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens entgegensteht?
3. Muss das nationale Gericht dieses Recht, falls es eine solche unionsrechtskonforme Auslegung nicht als möglich erachtet, unangewendet lassen so wie es sein eigenes nationales Recht unangewendet lassen müsste, wenn ein allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts oder eine primärrechtliche Bestimmung in ihrer Konkretisierung durch eine Richtlinie in Rede stehen?
Art. 7a EGBGB: Geschlechtsstatut und Deed of Change of Name (Deed Poll)
BGH 5.2.2025 – XII ZB 251/23
Richtet sich die Namensführung eines Betroffenen nach seinem britischen Heimatrecht, kann auch ein von ihm im Vereinigten Königreich durch privatautonome Namensänderung unter Verwendung eines „Deed of Change of Name (Deed Poll)“ frei gewählter Nachname im Rahmen der registerrechtlichen Substitution den Rechtsbegriff des „Geburtsnamens“ im Sinne des deutschen Personenstandsrechts ausfüllen.
Art. 17 Abs. 1 Nr. 2 HUVÜ 1973 und Art. 25 Abs. 1 lit. b HUÜ 2007: Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Unterhaltstitels
BGH 27.3.2024 – XII ZB 291/23
1. Wird gegen die erstinstanzliche Entscheidung zur Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Unterhaltstitels Beschwerde eingelegt, ist das Beschwerdegericht nicht daran gehindert, die Vollstreckbarkeit der Entscheidung im Ursprungsstaat im Einzelfall auch ohne Beibringung des von Art. 17 Abs. 1 Nr. 2 HUVÜ 1973 und Art. 25 Abs. 1 lit. b HUÜ 2007 geforderten formalen Nachweises festzustellen (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 24. August 2022 - XII ZB 268/19).
b) Im Anwendungsbereich des HUÜ 2007 kann der Titelschuldner mit der Beschwerde gegen die Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Kindesunterhaltstitels nicht nach § 59 a AUG geltend machen, dass der antragstellende Elternteil, der den Titel erwirkt hat, nach Eintritt der Volljährigkeit des Kindes (auch hinsichtlich der Unterhaltsrückstände aus der Zeit der Minderjährigkeit) nicht mehr zur Vollstreckung der titulierten Kindesunterhaltsansprüche befugt ist.
Art. 8 Abs. 1 Satz 1 Rom I-VO: Rechtswahl und AGB-Kontrolle
BAG 23.1.2024 – 9 AZR 115/23
Ein Formulararbeitsvertrag ist auch bei einer anderweitigen Rechtswahl durch die Parteien (Art. 8 Abs. 1 S. 1 Rom I-VO) einer AGB-Kontrolle (§§ 305 ff. BGB) zu unterziehen, wenn ohne die Rechtswahl deutsches Recht anzuwenden wäre. Ist danach eine den Arbeitnehmer belastende Vertragsklausel unwirksam, erübrigt sich der ansonsten erforderliche Günstigkeitsvergleich. Das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen etabliert als unabdingbares Recht iSd. Art. 8 Abs. 1 Satz 2 Rom I-VO ein Schutzniveau, von dem zu Lasten des Arbeitnehmers nicht abgewichen werden darf.
Internationaler Anwendungsbereich der DSGVO
OLG Hamburg 4.11.2024 – 7 W 119/24
1. Ein auf die DSGVO gestütztes Verbot kann sämtliche Länder der EU betreffen.
2. Ein auf einer deutschen Norm beruhendes Verbot kann nicht auf andere Länder der EU als die Bundesrepublik Deutschland erstreckt werden.
Art. 1 Abs. 1 EuGVVO: Zivilsache und Entschädigungsforderung, Vereinigtes Königreich als Drittstaat
OLG Düsseldorf 26.8.2024 – 37 W 1/24
1. Die Abgrenzung privatrechtlicher von öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten wird nach inländischem Rechtsverständnis vorgenommen, wenn ein Klageanspruch auf eine Norm ausländischen Rechts gestützt wird. Inländisches Recht umfasst die EuGVVO.
2. Ungeachtet des Austritts des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union sind die Zuständigkeitsvorschriften der EuGVVO anwendbar, wenn ein im Vereinigten Königreich angesiedelter Kläger einen Beklagten mit Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union verklagt.
3. Eine Zivilsache im Sinne von Art. 1 Abs. 1 EuGVVO liegt vor, wenn die Kläger bezogen auf eine geltend gemachte Entschädigungsforderung keine hoheitlichen Befugnisse ausgeübt haben, sondern nur ein nicht am Rechtsstreit beteiligter Dritter ein verwaltungsaktähnliches Gebilde im Vorfeld erlassen hat.
Keine Substitution einer Beglaubigung iSv § 40a BeurkG durch österreichische Online-Beglaubigung
KG 17.7.2024 – 22 W 25/24
1. Die nach österreichischem Recht erfolgte notarielle Online-Beglaubigung ist einer deutschen Beglaubigung mittels Videokommunikation nach § 40a BeurkG nicht gleichwertig. Eine Pflicht zur Anerkennung ergibt sich auch nicht aus der Gesellschaftsrechtsrichtlinie in der Fassung der Digitalisierungsrichtlinie der EU.
2. Eine Pflicht zur Anerkennung ergibt sich auch nicht aus der Gesellschaftsrechtsrichtlinie in der Fassung der Digitalisierungsrechtlinie der EU.
Anti-Suit-Injunction und fehlende Derogation der internationalen Zuständigkeit für Einstweiligen Rechtsschutz
OLG Düsseldorf 17.6.2024 – 26 W 7/24
1. Allein eine ausländische Schiedsvereinbarung ist nicht geeignet, eine gemäß §§ 1025 Abs. 2, 1033, 32 ZPO gegebene internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für Entscheidungen im einstweiligen Rechtsschutz zu derogieren.
2. Liegt die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte nur nach §§ 1025 Abs. 2, 1033, 32 ZPO vor, ist die Entscheidungsbefugnis des erkennenden Gerichts auf deliktische Anspruchsgrundlagen beschränkt.
3. Der von der Bundesrepublik Deutschland durch ihre Gerichte zu gewährende Justizgewährungsanspruchs umfasst nicht den Schutz eines im Ausland geführten Verfahrens vor im Ausland erlassener oder drohender Anti-Suit-Injunctions und infolgedessen im Ausland drohender Vollstreckungsmaßnahmen.
4. In diesem Fall stehen dem Erlass einer Anti-Anti-Suit-Injunction – auch wenn über die Partei nur mittelbar Einfluss auf die Drittstaaten genommen würde – die völkerrechtlichen Grundsätze des Territorialitätsprinzips und wesentliche Elemente staatlicher Souveränität der betroffenen Drittstaaten entgegen.
Abänderung kalifornischer Unterhalts- und Sorgerechtsentscheidung
OLG Celle 11.6.2024 – 17 UF 204/23
Ein im Inland anerkennungsfähiges Urteil eines US-Gerichts unterliegt der Abänderung durch das aufgrund des Aufenthaltes der Kinder zuständige Familiengericht (BGH FamRZ 1983, 806, FamRZ 2015, 479). Die Abänderung einer unter den Eltern ergangenen Entscheidung eines kalifornischen Gerichts über "child support" ist im Inland gegenüber den Kindern zu verfolgen. Der Wechsel des Unterhaltsstatutes begründet die Abänderung, bei der der Unterhalt nach dem nunmehr anwendbaren Recht neu festzusetzen ist, soweit nicht der Vertrauensschutz im Einzelfall Abweichungen gebietet (Anschluss OLG Hamm FamRZ 2018, 29). Für die Rückzahlung überzahlten Kindesunterhalts haften die Kinder teilschuldnerisch, im Zweifel zu gleichen Anteilen.
Keine Anerkennung einer israelischen Get-Scheidung bei deutschem Scheidungsstatut
KG 14.5.2024 – 1 VA 13/24
Die Anerkennung einer in Israel mittels Übergabe des Scheidebriefs durch den Ehemann und dessen Annahme durch die Ehefrau erfolgten Ehescheidung scheidet aus, wenn wegen der - auch - deutschen Staatsangehörigkeit eines Ehegatten das deutsche Scheidungsstatut anzuwenden ist. Daran ändert es nichts, wenn die Ehescheidung einverständlich unter Beteiligung des Rabbinatsgerichts erfolgt ist.
Internationales Umwandlungsrecht
OLG Karlsruhe 24.4.2024 – 1 W 40/23
Für die Anerkennung als formwechselfähiger Rechtsträger nach § 334 S. 1 UmwG kommt es nicht auf die in einem Drittstaat erfolgte historisch erste Gründung der Gesellschaft an. Eine von § 334 S. 1 UmwG geforderte Gründung nach dem Recht eines Mitgliedsstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über dem EWR liegt auch dann vor, wenn die in einem Drittstaat gegründete Gesellschaft formwechselnd in einen Rechtsträger eines Mitglieds- bzw. Vertragsstaates umgewandelt wurde und damit als solcher wie eine in dem betreffenden Mitglieds- bzw. Vertragsstaat ursprünglich gegründete Gesellschaft besteht.
(Leitsatz v. Anna Bobzin, Köln)
Art. 69 Abs. 5 EuErbVO: Formalanforderungen eines Europäischen Nachlasszeugnisses
OLG Bremen 18.4.2024 – 3 W 10/24
Das Europäische Nachlasszeugnis ist auch dann als Nachweis gem. Art. 69 Abs. 5 EuErbVO geeignet, wenn das Formblatt nicht vollständig ausgefüllt ist, die fehlenden Angaben sich aber aus einer mit dem Formblatt verbundenen Erklärung des ausstellenden Notars ergeben. Auch ein solches Europäisches Nachlasszeugnis erbringt gemäß § 35 Abs. 1 GBO den vollen Nachweis für die darin angegebene Erbfolge.
Intertemporales Unterhaltsrecht für Unterhaltsvereinbarungen
OLG Bremen 10.4.2024 – 5 UF 75/23
Die Übergangsbestimmung des Art. 56 Abs. 3 HUÜ 2007, wonach der Vollstreckungsstaat nach diesem Übereinkommen nicht verpflichtet ist, eine Entscheidung oder Unterhaltsvereinbarung in Bezug auf Zahlungen zu vollstrecken, die vor dem Inkrafttreten des Übereinkommens zwischen dem Ursprungsstaat und dem Vollstreckungsstaat fällig geworden sind, soweit nicht Unterhaltspflichten aus einer Eltern-Kind-Beziehung gegenüber einer Person betroffen sind, die das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, entbindet den Vollstreckungsstaat zwar im genannten Falle von der grundsätzlich bestehenden Verpflichtung zur Vollstreckung, enthält jedoch kein Verbot einer Vollstreckbarerklärung.
Art. 4 Abs.2 Rom I-VO und Gefälligkeitsvertrag
OLG München 3.4.2024 – 17 U 4445/23
Das auf einen „Gefälligkeitsvertrag“ anzuwendende Recht bestimmt sich nach Art. 4 Abs. 2 Rom I-VO.
(Leitsatz v. Anna Bobzin, Köln)
Brexit und grenzüberschreitende Verschmelzung
OLG Schleswig 6.3.2024 – 9 U 11/23
1. Die Normen der EuGVVO sind auch nach dem 31.12.2020 für Klagen von in der Europäischen Union ansässigen Verbrauchern gegen Vertragspartner, die ihren Sitz im Vereinigten Königreich haben, anwendbar.
2. Auch nach einer grenzüberschreitenden Verschmelzung ist für die stille Beteiligung deutsches Recht maßgeblich. Denn durch die Verschmelzung tritt die übernehmende Gesellschaft hinsichtlich sämtlicher Verträge, die von der übertragenden Gesellschaft geschlossen wurden, als Partei an deren Stelle.
3. Eine stille Beteiligung wird nicht notwendigerweise aufgrund einer grenzüberschreitenden Verschmelzung beendet.
4. Das atypisch stille Beteiligungsverhältnis kann allerdings durch eine vom atypischen stillen Gesellschafter erklärte ordentliche Kündigung beendet worden sein.
EuErbVO: Erbscheinzuständigkeit und Rechtswahlfiktion des Art. 83 EuErbVO
OLG Karlsruhe 19.2.2024 – 14 W 87/23
1. Deutsche Nachlassgerichte sind für ein Erbscheinverfahren international gemäß Art. 10 Abs. 1 lit. a EuErbVO zuständig, wenn der Erblasser, der die deutsche Staatsangehörigkeit besaß, seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt in Kolumbien hatte und sich Nachlassvermögen in Deutschland befindet.
2. Örtlich zuständig ist gemäß § 47 Nr. 2 IntErbRVG in Verbindung mit § 343 Abs. 2 FamFG dasjenige Nachlassgericht, in dessen Bezirk der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hatte.
3. Auf den Erbfall eines Erblassers mit deutscher Staatsangehörigkeit und letztem gewöhnlichen Aufenthalt in Kolumbien ist gemäß der Rechtswahlfiktion in Art. 83 Abs. 4 EuErbVO deutsches Erbrecht anzuwenden, wenn der Erblasser vor dem 17.8.2015 ein Testament errichtet hatte und deutsches Recht nach Art. 22 EuErbVO hätte wählen können.
Ausländische Adoption und ordre public
OLG Köln 15.1.2024 – 14 UF 190/23
1. Das HAÜ findet im Falle einer vertragsstaatlichen Inlandsadoption ohne Auslandsbezug gem. Art. 2 Abs. 1 HAÜ keine Anwendung.
2. Beim materiellen ordre public für die Frage der Anerkennung einer ausländischen Adoptionsentscheidung ist regelmäßig nicht auf den kollisionsrechtlichen ordre public nach Art. 6 EGBGB abzustellen, den die deutschen Gerichte bei Anwendung ausländischen Rechts zu beachten haben, sondern auf den großzügigeren anerkennungsrechtlichen ordre public.
3. Maßgeblich ist beim anerkennungsrechtlichen ordre public, ob das Ergebnis der Anwendung ausländischen Rechts im konkreten Fall zu den Grundgedanken der deutschen Regelungen und den in ihnen enthaltenen Gerechtigkeitsvorstellungen in so starkem Widerspruch steht, dass es nach deutscher Vorstellung untragbar erscheint.
4. Demnach verstößt eine ausländische Adoptionsentscheidung gegen den deutschen ordre public, wenn im Rahmen des Adoptionsverfahren das Kindeswohl gar nicht oder nur unzureichend berücksichtigt worden ist. Das ist nicht der Fall, wenn zwar keine umfassende Begutachtung der Lebensverhältnisse des Adoptionsbewerbers (hier der Stiefvater) stattgefunden hat, die nur eingeschränkte Kindeswohlprüfung aber keine kindeswohlschädlichen Auswirkungen entfaltet, weil das Kind bereits seit seiner Geburt mit seiner leiblichen Mutter und dem Adoptionsbewerber in einem Eltern-Kind-Verhältnis zusammenlebt.
(Leitsätze v. Anna Bobzin, Köln)
Inländische internationale Zuständigkeit für Schmerzensgeldklage bei Auslandsunfall
OLG Naumburg 9.10.2023 – 12 26/23
Für Schmerzensgeldansprüche einer deutschen Klägerin aus einem Verkehrsunfall, der sich in Österreich ereignet hat, gegen einen dort lebenden Beklagten, ergibt sich weder aus Art. 18 EuGVVO, noch aus Art. 7 Nr. 1 oder Nr. 2 EuGVVO eine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte.
(Leitsatz v. Anna Bobzin, Köln)
§ 2 93 ZPO und Amtsermittlung des inhaltsausländischen Rechts
LG Lübeck 19.6.2024 – 10 O 201/23
1. Ist ausländisches Recht anzuwenden, hat der deutsche Tatrichter dieses Recht von Amts wegen als Ganzes zu ermitteln, wie es sich in Lehre und Rechtsprechung entwickelt hat. Denn er ist gehalten, das ausländische Recht so anzuwenden, wie es der Richter des betreffenden Landes auslegt und anwendet. Bei der Ermittlung muss er die ihm zugänglichen Erkenntnisquellen ausschöpfen (Anschluss BGH, Beschluss vom 17. Mai 2018 - IX ZB 26/17).
2. Bei der Bemessung von Schäden im Rahmen eines Auslandssachverhalts ist das Kostenniveau im regionalen Umfeld des gewöhnlichen Aufenthaltes des Geschädigten zu berücksichtigen.
Internationales Bereicherungsrecht und Bitcoins
LG Hamburg 15.1.2024 – 310 O 368/21
1. Wird Leistung einer bestimmten Anzahl Bitcoins oder einer sonstigen Kryptowährung begehrt, ist der entsprechende Klagantrag zweckmäßigerweise nicht auf „Herausgabe“, sondern auf „Übertragung“ o.ä. zu richten, damit ein etwaiger Titel nach den Vorschriften über die Vollstreckung vertretbarer Handlungen vollstreckt werden kann (Anschluss an: OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19. Januar 2021 - I-7 W 44/20, BKR 2021, 514 ff.).
2. In Anweisungsfällen bestimmt sich das Bereicherungsrecht, das auf den Direktkondiktionsanspruch des Angewiesenen gegen den Zuwendungsempfänger anzuwenden ist, nach Art. 10 Abs. 2 sowie hilfsweise Abs. 3 Rom II-VO.
3. Der Grundsatz, dass die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung bei Mehrpersonenverhältnisses entlang der jeweiligen Leistungsbeziehungen zu erfolgen hat, ist auf die Zuwendung von Bitcoins nicht nur übertragbar, sondern gilt aufgrund der Anonymität solcher Transfers in besonderem Maße.
4. Wird mit einem Klagantrag ein Anspruch auf Herausgabe oder Übertragung einer bestimmten Anzahl von Kryptowährungs-Einheiten geltend gemacht, bestimmt sich der Gebührenstreitwert nach dem jeweiligen Wechselkurs in Euro im Zeitpunkt der Antragstellung.
Veranstaltungshinweise
Am 22. und 23. Mai 2025 findet an der Universidad Carlos III de Madrid der 11. Internationale Kongress zum Internationalen Privatrecht (XI Congreso Internacional de Derecho Internacional Privado) statt. Der Kongress wird in diesem Jahr zu Ehren von Herrn Professor Dr. Alfonso Luis Calvo Caravaca zu seinem siebzigsten Geburtstag ausgerichtet. Weitergehende Informationen unter https://www.aepdiri.org/index.php/actividades-aepdiri/actividades-de-los-miembros/2487-xi-congreso-internacional-de-derecho-internacional-privado-de-la-universidad-carlos-iii-de-madrid-homenaje-al-profesor-alfonso-luis-calvo-caravaca-llamada-a-comunicaciones