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Neueste Informationen Heft 1/2025

 

Beschluss der JustizministerInnen zu Art. 19 EGBGB: Familien stärken durch Vorrang der Vaterschaftsanerkennung nach deutschem Recht

Die 95. Konferenz der Justizministerinnen & Justizminister am 28.11.2024 beschäftigte sich mit der Kollision der Vaterschaftsanerkennung nach deutschem Recht mit der nachwirkenden Vaterschaft infolge einer Ehescheidung nach anderen Rechtsordnungen. Die Teilnehmenden richten die Bitte an den Bundesminister der Justiz, zu prüfen, wie – unter Berücksichtigung der derzeitigen Reformüberlegungen zur unionsrechtlichen Elternschaftsverordnung – die autonomen deutschen Kollisionsnormen geändert werden könnten, um der Vaterschaftsanerkennung nach deutschem Recht Vorrang vor einer ausländischen nachwirkenden Vaterschaft einzuräumen.

 

Pax Moot 2025

Am 25.10.2024 wurde der Fall für den Pax Moot 2025 veröffentlicht. Die diesjährige Edition des internationalprivatrechtlichen Moot Courts ist Ulrich Huber, einem einflussreichen niederländischen Juristen, gewidmet, der eine kurze Abhandlung zum Internationalen Privatrecht verfasst hat. Inhaltlich befasst sich der Fall primär mit der Moderation von auf sozialen Netzwerken veröffentlichten Inhalten, den psychischen Folgen, die diese Tätigkeit für die Inhaltsmoderatoren hat, sowie der Unzufriedenheit der Moderatoren mit ihren Arbeitsbedingungen. Die Teilnehmenden müssen in diesem Zusammenhang Fragen der internationalen Zuständigkeit, des anwendbaren Rechts und der Anerkennung ausländischer Titel beantworten. Die schriftliche Phase des Moot Courts endet am 16.3.2025, die mündliche Phase findet vom 9. bis zum 11.4.2025 in Maastricht statt.

 

Art. 7 Nr. 1 lit. b) EuGVVO: Erfüllungsort bei Softwareentwicklungsvertrag 

EuGH 28.11.2024 – C-526/23 – VariusSystems digital solutions GmbH ./. GR, Inhaberin des Unternehmens B & G

Art. 7 Nr. 1 lit. b) zweiter Gedankenstrich EuGVVO ist dahin auszulegen, dass „Erfüllungsort“ eines Vertrags über die Entwicklung und den anschließenden Betrieb einer Software, die auf die Bedürfnisse eines Bestellers ausgerichtet ist, der in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist als das für die Schöpfung, Erstellung und Programmierung dieser Software verantwortliche Unternehmen, der Ort ist, an dem die Software den Besteller erreicht, also abgerufen und eingesetzt wird.

 

Art. 1 Abs. 2 lit. b) EuGVVO und die Abgrenzung zur EuInsVO: Merkmal der Gläubigergleichbehandlung 

EuGH 14.11.2024 – C-394/22 – Oilchart International NV ./. O.W. Bunker (Netherlands) BV, ING Bank NV

Art. 1 Abs. 2 lit. b) EuGVVO ist dahin auszulegen, dass er auf eine in einem Mitgliedstaat gegen eine Gesellschaft erhobene Klage auf Zahlung gelieferter Waren, in der weder ein zuvor in einem anderen Mitgliedstaat über das Vermögen dieser Gesellschaft eröffnetes Insolvenzverfahren noch der Umstand erwähnt wird, dass die Forderung bereits als Insolvenzforderung angemeldet worden ist, nicht anwendbar ist.

 

Art. 10 Abs. 1 EuErbVO: Anknüpfungszeitpunkt ist der Tod des Erblassers 

EuGH 7.11.2024 – C-291/23 – LS ./. PL

Art. 10 Abs. 1 EuErbVO ist dahin auszulegen, dass zur Bestimmung, ob die subsidiäre Zuständigkeit der Gerichte des Mitgliedstaats, in dem sich Nachlassvermögen befindet, für den gesamten Nachlass für die Entscheidungen in Erbsachen ausgeübt werden kann, zu prüfen ist, ob sich dieses Nachlassvermögen zum Zeitpunkt des Todes, nicht aber zum Zeitpunkt der Anrufung dieser Gerichte, in diesem Mitgliedstaat befindet.

 

Art. 34 Nr. 1 und Art. 45 EuGVVO 2001: Einfluss der EMRK und Prüfungsprogramm ordre public zum Schutz der Pressefreiheit

EuGH 4.10.2024 – C-633/22 – Real Madrid Club de Fútbol, AE ./. EE, Société Éditrice du Monde SA

Art. 34 Nr. 1 und Art. 45 EuGVVO 2001 sind dahin auszulegen, dass die Vollstreckung eines Urteils, mit dem eine Gesellschaft, die eine Zeitung herausgibt, und einer ihrer Journalisten zur Zahlung von Schadensersatz als Wiedergutmachung des immateriellen Schadens verurteilt werden, den ein Sportverein und eines der Mitglieder seines Ärzteteams aufgrund einer Schädigung ihres Rufs durch eine sie betreffende, von dieser Zeitung veröffentlichte Information erlitten haben, zu versagen ist, soweit diese Vollstreckung zu einer offensichtlichen Verletzung der Pressefreiheit, wie sie in Art. 11 Grundrechtecharta der Europäischen Union verankert ist, und somit zu einer Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung (ordre public) des Vollstreckungsmitgliedstaats führen würde.

 

Keine Zustellung nach der EuZustVO einer Klage gegen die Konzernobergesellschaft an eine Konzernuntergesellschaft

EuGH 11.7.2024 – C-632/22 – Volvo AB ./. Transsaqui SL

Art. 47 Grundrechtecharta der Europäischen Union und Art. 101 AEUV sind in Verbindung mit der EuZustVO 2007 dahin auszulegen, dass eine Muttergesellschaft, gegen die eine Klage auf Ersatz des durch eine Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht verursachten Schadens erhoben wurde, nicht rechtswirksam geladen wurde, wenn die Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks an der Adresse ihrer im Mitgliedstaat der Klageerhebung ansässigen Tochtergesellschaft erfolgte; dies gilt auch dann, wenn die Muttergesellschaft mit dieser Tochtergesellschaft eine wirtschaftliche Einheit bildet.

 

EuEheVO 2019 und Art. 351 Abs. 1 AEUV: Weitergeltung älterer bilateraler Abkommen

Schlussanträge des Generalanwalts Jean Richard de La Tour beim EuGH 28.11.2024 – C-395/23

Die EuEheVO 2019 ist dahin auszulegen, dass sie gemäß Art. 351 Abs. 1 AEUV nicht die Anwendung eines bilateralen Abkommens berührt, das ein Mitgliedstaat vor seinem Beitritt zur Europäischen Union mit einem Drittstaat geschlossen hat und nach dem für die Entscheidung über einen Antrag auf Genehmigung des Verkaufs einer Immobilie, die einem Minderjährigen gehört, der Staatsangehöriger dieses Drittstaats ist, ausschließlich das Gericht des Mitgliedstaats zuständig ist, in dem die Immobilie belegen ist, das unter Berücksichtigung des Kindeswohls entscheidet.

 

Art. 36 Abs. 1 EuGVVO und Zwischenentscheidungen eines nicht prorogierten Gerichts

Vorabentscheidungsersuchen des BGH 24.10.2024 – VII ZR 199/22

1. Ist der Begriff der Entscheidung in Art. 36 Abs. 1 EuGVVO dahin auszulegen, dass das gemäß einer Vereinbarung nach Art. 25 EuGVVO ausschließlich zuständige Gericht (Art. 31 Abs. 2 EuGVVO) eine Entscheidung anzuerkennen hat, mit der ein nicht vereinbartes Gericht eines Mitgliedstaats die internationale Zuständigkeit der Gerichte jenes Mitgliedstaats feststellt, wenn es sich um eine die Instanz nicht abschließende Entscheidung (Zwischenentscheidung) handelt? 

2. Sofern Frage 1 grundsätzlich bejaht wird: Kommt es für die Anerkennung der Zwischenentscheidung zusätzlich darauf an, ob die eine eigene internationale Zuständigkeit der Gerichte des Mitgliedstaats bejahende Zwischenentscheidung das nicht vereinbarte Gericht selbst bindet und/oder ob die Bejahung der internationalen Zuständigkeit im Rahmen eines Rechtsmittels abgeändert werden kann?

 

EuVTVO und die Mindestanforderungen an die Zustellung

Vorabentscheidungsersuchen des Supremo Tribunal de Justiҫa (Portugal) 30.9.2024 – C-643/24

1. Steht Art. 8 Abs. 1 EuZustVO 2007 in dem Fall, dass die Nichtübermittlung des Formblatts in Anhang II der EuZustVO 2007 nicht geheilt werden kann, weil das Erkenntnisverfahren bereits mit einem rechtskräftigen Urteil beendet wurde, unter Berücksichtigung der Verteidigungsrechte des Empfängers dieses Schriftstücks gemäß den Anforderungen an ein faires Verfahren, wie sie in Art. 47 Abs. 2 Grundrechtecharta der Europäischen Union und in Art. 6 Abs. 1 Europäische Menschenrechtskonvention verankert sind, einer nationalen Regelung entgegen, wonach eine Zustellung per Einschreiben mit Rückschein nichtig ist, wenn dabei nicht das Formblatt in Anhang II der EuZustVO 2007 beigefügt war? 

2. Ist Art. 20 Abs. 1 EuVTVO, wonach „[e]ine als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigte Entscheidung […] unter den gleichen Bedingungen vollstreckt [wird] wie eine im Vollstreckungsmitgliedstaat ergangene Entscheidung“, dahin auszulegen, dass der Vollstreckungsschuldner der auf einen Europäischen Vollstreckungstitel gestützten Vollstreckung aus denselben Gründen entgegentreten kann, aus denen er einer Vollstreckung aus einem im Vollstreckungsmitgliedstaat ergangenen Urteil entgegentreten kann, insbesondere mit der Begründung, dass er nicht am Erkenntnisverfahren beteiligt gewesen sei und die an ihn durch Einschreiben mit Rückschein erfolgte Zustellung mangels Beifügung des Formblatts in Anhang II der EuZustVO 2007 nichtig gewesen sei? 

3. Steht in Anbetracht der mit der Einführung des Europäischen Vollstreckungstitels verfolgten Ziele (Art. 1 EuVTVO) und der Mindestanforderungen an die Zustellung, die in dem Verfahren erfüllt sein müssen, in dem die als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigte Entscheidung ergangen ist (Art. 13 und 14 EuVTVO), und die nach dem Wortlaut des 14. Erwägungsgrundes der EuVTVO entweder durch eine absolute Gewissheit (Art. 13) oder ein hohes Maß an Wahrscheinlichkeit (Art. 14) dafür gekennzeichnet sind, dass das zugestellte Schriftstück dem Empfänger zugegangen ist, die EuVTVO einer nationalen Regelung wie der in Art. 729 lit. d) in Verbindung mit Art. 696 lit. i) der portugiesischen Zivilprozessordnung entgegen, wonach der Vollstreckungsschuldner der Vollstreckung mit der Begründung entgegentreten kann, dass er nicht am Erkenntnisverfahren beteiligt gewesen sei und die an ihn durch Einschreiben mit Rückschein erfolgte Zustellung mangels Beifügung des Formblatts in Anhang II der EuZustVO 2007 nichtig gewesen sei?

 

Art. 4 EuErbVO und Pflegevermächtnis nach österreichischem Recht

Vorabentscheidungsersuchen des OGH (Österreich) 24.9.2024 – C-618/24

Ist Art. 4 EuErbVO dahin auszulegen, dass eine „Erbsache“ vorliegt, wenn ein Anspruch auf Pflegevermächtnis nach § 677 des österreichischen Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuchs (ABGB) geltend gemacht wird?

 

Inlandsehe bei Videotrauung und Inlandspräsenz beider Verlobten

BGH 25.9.2024 – XII ZB 244/22

Geben Verlobte die Eheschließungserklärungen in Deutschland ab, handelt es sich um eine Eheschließung im Inland und kann die Ehe daher nur in der hier vorgeschriebenen Form geschlossen werden. Eine Eheschließung durch von Deutschland aus per Videotelefonie vor einem Trauungsorgan im Ausland (hier: Behörde in Utah/USA) abgegebene Erklärungen ist unwirksam (Abgrenzung zu Senatsbeschluss vom 29.9.2021 – XII ZB 309/21, FamRZ 2022, 93).

 

Kündigungsfrist im Arbeitsverhältnis ist keine Eingriffsnorm

BAG 22.8.2024 – 2 AZR 251/23

Die Kündigungsfristenregelung des § 622 Abs. 2 BGB ist keine Eingriffsnorm iSv Art. 34 EGBGB, aber eine zwingende Bestimmung i.S.v. Art. 30 Abs. 1 EGBGB in der bis 16.12.2009 geltenden Fassung.

 

§ 107 FamFG: Ehe wird nach schottischem Recht und Urkundenanerkennung geschieden

KG 17.10.2024 – 1 VA 18/23

Eine Ehe wird nach schottischem Recht als unheilbar zerrüttet angesehen, wenn die Eheleute während eines ununterbrochenen Zeitraums von zwei Jahren nach der Eheschließung und unmittelbar vor Einleitung der Scheidung nicht als Eheleute zusammengelebt haben. Bleibt dies im Scheidungsverfahren vor dem Sherrif Court unstreitig, muss keine vollständig begründete Entscheidung über die Scheidung der Ehe ergehen. Stattdessen wird lediglich ein Extract Decree of Divorce ausgestellt. Eine solche Urkunde kann Grundlage für die Anerkennung der Scheidung durch die Landesjustizbehörde im Verfahren nach § 107 FamFG sein (Fortsetzung von Senat, Beschluss vom 12.9.2019 – 1 VA 10/19 – FamRZ 2020, 40).

 

Einlassung nach Art. 24 LugÜ setzt keine Einlassung zur Hauptsache voraus

KG 14.10.2024 – 2 UH 31/24

1. Von einer Einlassung auf das Verfahren nach Art. 24 LugÜ ist auszugehen, wenn der Beklagte die Zuständigkeitsrüge nicht spätestens in der Stellungnahme erhebt, die nach dem innerstaatlichen Prozessrecht als das erste Verteidigungsvorbringen vor dem angerufenen Gericht anzusehen ist. Vor deutschen Gerichten ist danach im Gegensatz zu § 39 ZPO keine Einlassung zur Hauptsache in einer mündlichen Verhandlung erforderlich; zuständigkeitsbegründend ist nach allgemeiner Auffassung bereits eine rügelose Einlassung in der Klageerwiderung.

2. Eine rügelose Einlassung nach Art. 14 LugÜ begründet neben der internationalen Zuständigkeit auch die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts.

3. Ein Verweisungsbeschluss nach § 281 ZPO stellt sich als objektiv willkürlich dar und entfaltet keine Bindungswirkung, wenn weder seiner Begründung noch dem sonstigen Akteninhalt entnommen werden kann, woraus sich die Zuständigkeit des Gerichts ergeben soll, an den der Rechtsstreit verwiesen worden ist. 

 

Art. 18 EuZustVO 2020 gilt auch im Einstweiligen Rechtsschutz

OLG Düsseldorf 24.6.2024 – 20 W 28/24

1. Eine Kostenfestsetzung aufgrund eines Verfügungsbeschlusses kann nicht ergehen, wenn der Verfügungsbeschluss nicht rechtzeitig vollzogen worden ist.

2. Es spricht einiges dafür, dass der in Art. 18 EuZustVO 2020 geregelte Weg einer Zustellung durch Aufgabe zur Post auch dem Antragsteller eines Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Verfügung bei der Zustellung des Verfügungsbeschlusses offensteht. Jedoch hat er dann dafür Sorge zu tragen, dass das Formblatt L entweder dem zuzustellenden Schriftstück beizufügen ist oder jedenfalls unverzüglich nachträglich übersandt wird.

 

Verbrauchergerichtsstand gemäß Art. 6 Abs. 1 i.V.m. Art. 18 Abs. 1 EuGVVO und Brexit

OLG Köln 23.5.2024 – I-18 U 157/23

Bei Sachverhalten mit Sachbezug zum Vereinigten Königreich bleibt auch nach dessen Austritt aus der Europäischen Union für gerichtliche Verfahren, die nach dem 31.12.2020 eingeleitet worden sind, der Rückgriff unter anderem auf den Verbrauchergerichtsstand gemäß Art. 6 Abs. 1 i.V.m. Art. 18 Abs. 1 EuGVVO eröffnet. 

 

Art. 13 Abs. 1 lit. b) HKÜ: Kindesrückführung nach Israel

OLG Stuttgart 23.5.2024 – 17 UF 71/24

Der Rückführung eines von einem Elternteil nach Deutschland entführten minderjährigen Kindes nach Israel nach den Bestimmungen des HKÜ steht in Bezug auf die derzeitige Sicherheitslage in Israel die Vorschrift des Art. 13 Abs. 1 lit. b) HKÜ nicht entgegen.

 

Art. 13 Abs. 1 lit. b) HKÜ: Kindesrückführung in die Ukraine

OLG Thüringen 6.2.2024 – 3 UF 426/23

Nach wie vor besteht eine das gesamte Staatsgebiet der Ukraine betreffende konkrete schwerwiegende Gefahr im Sinne des Art. 13 Abs. 1 lit. b) HKÜ, die es im Kindesinteresse abzuwenden gilt (Fortführung OLG Jena, Beschluss vom 4.4.2023 – 1 UF 54/23). Im Hinblick auf diese erhebliche Gefährdung kann die Rückführung eines Kindes derzeit nicht angeordnet werden.

 

Gewöhnlicher Kindesaufenthalt im Wechselmodell

OLG Nürnberg 7.3.2024 – 7 UF 3/24

Der gewöhnliche Aufenthalt eines Kindes wechselt nicht zwischen zwei Vertragsstaaten hin und her, wenn ein Elternteil dem anderen in einem anderen Vertragsstaat großzügig Umgang gewährt und das Kind während dieser Umgangszeiten sozial, familiär und sprachlich gut integriert ist. Bei einem vorübergehend alternierenden Aufenthalt verbleibt der gewöhnliche Aufenthalt dort, wo er sich bei Beginn des Alternierens befand, es sei denn, dass im Ausnahmefall besondere Gründe dafürsprechen, dem Aufenthalt trotz seiner nur vorübergehenden Anlage den Charakter eines gewöhnlichen Aufenthalts zuzusprechen.

 

Kindesrückführung und Rückkehrobliegenheit des betreuenden Elternteils

OLG Stuttgart 1.2.2024 – 17 UF 245/23

1. Der Elternteil, der in einem Verfahren auf Rückführung des Kindes in Anspruch genommen wird, kann sich zur Abwehr dieses Antrags nicht auf eine durch die Trennung des Kindes von ihm als Hauptbezugsperson verbundene Gefährdung berufen, wenn es ihm zuzumuten ist, mit dem Kind in den Herkunftsstaat zurückzukehren (Fortführung OLG Stuttgart, Beschluss vom 27.12.2021 – 17 UF 282/21).

2. Zu erwartende wirtschaftliche oder finanzielle Probleme oder Nachteile des entführenden Elternteils bei der Rückkehr in den Herkunftsstaat können die Unzumutbarkeit der Rückkehr nicht begründen (Fortführung OLG Stuttgart, Beschluss vom 27.12.2021 – 17 UF 282/21).

 

Auskunft im Internationalen Haager Richternetzwerk

AG Kassel 11.4.2023 – 530 F 2085/21 AD

1. In einem anhängigen Adoptionsverfahren kann sich das zuständige deutsche Gericht unmittelbar oder durch Vermittlung des inländischen Verbindungsrichters an die ukrainische Verbindungsrichterin im Internationalen Haager Richternetzwerk wenden und um Auskunft zur Namensführung nach ukrainischem Recht im Fall einer Stiefkindadoption bitten. 

2. Ein ukrainisches Kind führt nach einer (Stiefkind-) Adoption durch den Ehemann der Mutter den Familiennamen (Ehenamen) des Annehmenden und als Zwischennamen einen aus dessen Vornamen abgeleiteten Vatersnamen.

(Leitsätze v. Martin Menne)

 

Leihmutter- und Wunschelternschaft verstoßen nicht gegen den französischen ordre public

Cour de cassation 14.11.2024 – Pourvoi no 23–50.016

Ein ausländisches Urteil, mit welchem die Elternschaft einer Person festgestellt wird, die nicht biologisch mit dem von einer Leihmutter geborenen Kind verwandt ist, verstößt nicht gegen den französischen ordre public.

 (Leitsatz v. Mira Lindenberger, Köln)

 

Funktionale Immunität von Armeebefehlshabern

Hoge Raad 25.8.2023 – 22/00753

Es besteht eine Regel des Völkergewohnheitsrechts, wonach sich Amtsträger in einem Zivilprozess vor den Gerichten eines anderen Staates in Bezug auf Handlungen, die sie in Ausübung ihres öffentlichen Amtes begangen haben, auf funktionale Immunität von der Gerichtsbarkeit berufen können, und zwar unabhängig von der Art und Schwere des ihnen zur Last gelegten Verhaltens. Eine Ausnahme ist auch nicht für Befehlshaber der israelischen Armee, die für durch Bombardierungen im Gaza-Streifen verursachte Schäden zur Verantwortung gezogen werden, anzuerkennen. 

 (Leitsatz v. Mira Lindenberger, Köln)

 

Veranstaltungshinweise

  • Vom 10. bis zum 15.2.2025 findet an der Università degli Studi dell’Insubria in Como die 2. Ausgabe der EAPIL Winter School zum internationalen Privatrecht statt. Die diesjährige Ausgabe ist dem Thema „Multistate Torts“ gewidmet und befasst sich mit den aktuellen Herausforderungen bei der Behandlung von Delikten mit Bezug zu mehreren Staaten. Weitergehende Informationen und Anmeldung bis zum 25.1.2025 unter https://eapil.org/wp-content/uploads/2024/11/EAPIL-Winter-School-2025-19.11.24.pdf

  • Am 14. und 15.2.2025 findet an der Universität Heidelberg die 5. IPR-Nachwuchstagung zum Thema „Digitalisierung und IPR – Lokale Verbindungen in grenzenlosen Räumen“ statt. Die Vorträge und Diskussionsrunden gehen insbesondere der Frage nach, wie kollisionsrechtliche Probleme, die durch die grenzenlosen Räume der Digitalisierung entstehen, im europäischen sowie im autonomen deutschen, österreichischen und schweizerischen Internationalen Privatrecht gelöst werden können. Weitergehende Informationen und Registrierung unter https://www.ipr.uni-heidelberg.de/ipr-nachwuchstagung/

  • Am 7. und 8.3.2025 findet an der Universität Münster der 7. Dialog zum Internationalen Familienrecht statt. Der Schwerpunkt der Veranstaltung wird zum einen auf den Folgen des Kinderehe-Beschlusses des BVerfG, zum anderen auf der Bedeutung des Islam und des islamischen Rechts in der Rechtspraxis liegen. Weitere Themen sind der güterrechtliche Auskunftsanspruch und der Zeitfaktor im internationalen Unterhaltsrecht, sowie die Auswirkungen des neuen Namenskollisionsrechts. Weitere Hinweise werden eingestellt werden unter https://www.jura.uni-muenster.de/de/institute/institut-fuer-deutsches-und-internationales-familienrecht/

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