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IPRax-Heft 2010,4

Neueste Informationen Heft 2010,3


Zu Markus Buschbaum: Kollisionsrecht der Partnerschaften außerhalb der traditionellen Ehe (RNotZ 2010, Heft 3, S. 73 ff., fortgesetzt in Heft 4, S. 149 ff.)

Der Verfasser weist ergänzend darauf hin, dass das französische Kollisionsrecht seit Inkrafttreten des Gesetzes Nr. 2009-526 vom 12.5.2009 eine Anknüpfung an das Recht des Register führenden Staates vorsieht (dazu Hammje, Rev. crit. DIP 98 (2009), 483 ff.). Der neue Art. 515-7-1 Code civil lautet: „Die Voraussetzungen der Begründung und die Wirkungen einer registrierten Partnerschaft sowie die Aufhebungsgründe und die Wirkungen ihrer Aufhebung unterliegen den Sachvorschriften des Staates, dessen Behörde die Partnerschaft registriert hat.“ Auf eine Art. 17b Abs. 4 EGBGB vergleichbare „Kappungsgrenze“ hat der französische Gesetzgeber verzichtet.

Rom III: Verstärkte Zusammenarbeit auf den Weg gebracht

Der Rat für Justiz und Inneres hat in seiner Sitzung vom 4.6.2010 die antragstellenden Mitgliedstaaten (Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Lettland, Luxemburg, Malta, Österreich, Portugal, Rumänien, Slowenien, Spanien, Bulgarien und Ungarn) „ermächtigt“, das Vorhaben zu einer verstärkten Zusammenarbeit „fortzuführen“. Ausweislich der im Vorfeld veröffentlichten vorläufigen Tagesordnung der Ratssitzung sollte die politische Einigung hergestellt und das Europäische Parlament um Zustimmung ersucht werden. Das Parlament hat am 16.6.2010 der verstärkten Zusammenarbeit zugestimmt (http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//TEXT+TA+P7-TA-2010-0216+0+DOC+XML+V0//DE).
Dem Vorhaben einer verstärkten Zusammenarbeit zur Umsetzung des Rom III-Kollisionsrechts war zwischenzeitlich neben Belgien und Lettland auch die Bundesrepublik Deutschland beigetreten. Griechenland hat seinen Teilnahmeantrag zurückgenommen. In den 14 Staaten soll künftig das anwendbare Recht im Falle grenzüberschreitender Scheidungen nach einheitlichen Regeln bestimmt werden: Sofern die Ehegatten keine Vereinbarung getroffen haben, wird das anwendbare Recht anhand objektiver Kriterien bestimmt, wobei der gemeinsame gewöhnliche Aufenthalt der Ehegatten wichtigster Anknüpfungspunkt ist. Durch klare Regeln soll verhindert werden, dass der stärkere Ehegatte durch seine Gerichtswahl ein für ihn günstigeres Scheidungsrecht zur Anwendung bringen kann.

Aktionsplan zur Implementierung des Stockholmer Programms

Die Kommission hat ihren Aktionsplan zur Implementierung des Stockholmer Programms veröffentlicht. Dieser enthält einen Zeitplan für Tätigkeiten der Kommission bis 2014. Der Aktionsplan ist unter http://ec.europa.eu/justice_home/news/intro/doc/com_2010_171_en.pdf abrufbar.

Staatsangehörigkeit kraft kultureller Identität

Am 26.5.2010 hat Ungarn ein neues Staatsbürgerschaftsgesetz verabschiedet, das auf Antrag die Vergabe der ungarischen Staatsbürgerschaft an jeden der sich als Ungar fühlt und ungarisch spricht unabhängig von seinem Wohnort und damit an ca. 2,5 Millionen ethnische Ungarn in den Nachbarländern – über Strukturen wie das deutsche Konzept der „Volksdeutschen“ wohl hinausgehend – ermöglicht. Die slowakische Regierung reagierte binnen Stunden auf diese umstrittene Gesetzesnovelle mit einer Änderung des slowakischen Staatbürgerschaftsgesetzes: Die Beantragung der Staatsbürgerschaft eines anderen Staates zieht künftig den „automatischen“ Verlust der slowakischen Staatsangehörigkeit nach sich.

Rügelose Einlassung nach EuGVVO

EuGH 20.5.2010 – Rs. C-111/09 – ?eská podnikatelská pojiš?ovna as, Vienna Insurance Group ./. Michal Bilas

Art. 24 EuGVVO ist dahin auszulegen, dass das Gericht, das angerufen worden ist, ohne dass die Bestimmungen in Abschnitt 3 des Kapitels II dieser Verordnung beachtet worden sind, sich für zuständig erklären muss, wenn der Beklagte sich auf das Verfahren einlässt und keine Einrede der Unzuständigkeit erhebt, da eine solche Einlassung eine stillschweigende Zuständigkeitsvereinbarung darstellt.

Vorrang internationaler Abkommen und EuGVVO

EuGH 4.5.2010 – Rs. C-533/08 – TNT Express Nederland BV ./. AXA Versicherung AG

1. Art. 71 EuGVVO ist dahin auszulegen, dass in einer Rechtssache wie der des Ausgangsverfahrens die in einem Übereinkommen über ein besonderes Rechtsgebiet vorgesehenen Regeln über die gerichtliche Zuständigkeit, Anerkennung und Vollstreckung, wie z.B. die Rechtshängigkeitsregel in Art. 31 Abs. 2 des am 19.5.1956 in Genf unterzeichneten Übereinkommens über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr in der Fassung des am 5.7.1978 in Genf unterzeichneten Protokolls oder die Vollstreckbarkeitsregel in Art. 31 Abs. 3 dieses Übereinkommens, zur Anwendung kommen, sofern sie in hohem Maße vorhersehbar sind, eine geordnete Rechtspflege fördern, es erlauben, die Gefahr von Parallelverfahren so weit wie möglich vermeiden, und den freien Verkehr der Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen sowie das gegenseitigen Vertrauen in die Justiz im Rahmen der Union (favor executionis) unter mindestens ebenso günstigen Bedingungen gewährleisten, wie sie in der genannten Verordnung vorgesehen sind.
2. Der Gerichtshof der Europäischen Union ist für die Auslegung von Art. 31 des geänderten Übereinkommens über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr nicht zuständig.

Anerkennung einstweiliger Maßnahmen nach der EuEheVO

Schlussanträge der Generalanwältin Eleanor Sharpston vom 20.5.2010 – Rs. C-256/09 – Bianca Purrucker ./. Guillermo Vallés Pérez

1. Einstweilige Maßnahmen, die ein Gericht eines Mitgliedstaats auf der Grundlage der Zuständigkeit anordnet, die gemäß den Regeln über die Zuständigkeit für die Entscheidung in der Hauptsache nach der EuEheVO besteht, müssen gemäß den Art. 21 ff. dieser Verordnung in anderen Mitgliedstaaten in derselben Weise anerkannt und vollstreckt werden wie jede andere auf dieser Grundlage ergangene Entscheidung.
2. Einstweilige Maßnahmen, die ein Gericht eines Mitgliedstaats nach nationalem Recht unter den Voraussetzungen des Art. 20 EuEheVO anordnet, brauchen in anderen Mitgliedstaaten nicht gemäß den Art. 21 ff. der Verordnung anerkannt oder vollstreckt zu werden. Diese Verordnung steht jedoch deren Anerkennung oder Vollstreckung in Verfahren des nationalen Rechts nicht entgegen, insbesondere in Verfahren nach Maßgabe multilateraler oder bilateraler Übereinkünfte, an denen die betreffenden Mitgliedstaaten als Vertragsparteien beteiligt sind.
3. Ein Gericht, das mit einem Antrag auf Anerkennung oder Nichtanerkennung einer einstweiligen Maßnahme oder mit einem Antrag auf Vollstreckbarerklärung befasst ist, ist befugt, die Grundlage, auf die das Gericht des Ursprungsmitgliedstaats seine Zuständigkeit gestützt hat, entweder anhand des Wortlauts oder des Inhalts der Entscheidung oder erforderlichenfalls durch direkte Verständigung mit jenem Gericht oder durch Einschaltung der zuständigen Zentralen Behörden zu ermitteln. Wenn – und nur wenn – keiner dieser Wege zu einem klaren und zufriedenstellenden Ergebnis führt, darf davon ausgegangen werden, dass die Zuständigkeit unter den Voraussetzungen des Art. 20 Abs. 1 angenommen wurde. Bei einstweiligen Entscheidungen über die elterliche Verantwortung können, falls die Korrektheit einer nach Art. 39 EuEheVO ausgestellten Bescheinigung in Frage gestellt wird, dieselben Verständigungswege für die Feststellung genutzt werden, ob die Entscheidung im Ursprungsmitgliedstaat (immer noch) vollstreckbar ist; bleibt eine solche Verständigung erfolglos, können andere Beweismittel herangezogen werden, sofern sie rechtzeitig beigebracht werden.

Verbrauchergerichtsstand und Internetauftritt

Schlussanträge der Generalanwältin Verica Trestenjak vom 18.5.2010 – Rs. C-585/08 – Peter Pammer ./. Reederei Karl Schlüter GmbH & Co KG und Rs. C-144/09 – Hotel Alpenhof GesmbH ./. Oliver Heller

1. Ein Vertrag über die Veranstaltung einer Frachtschiffsreise wie der in der vorliegenden Rechtssache geschlossene stellt einen Reisevertrag, der für einen Pauschalpreis kombinierte Beförderungs- und Unterbringungsleistungen vorsieht, im Sinne von Art. 15 Abs. 3 EuGVVO dar.
2. Für das „Ausrichten“ der Tätigkeit im Sinne von Art. 15 Abs. 1 lit. c EuGVVO reicht es nicht aus, dass die Website des Vertragspartners, der eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit ausübt, im Wohnsitzmitgliedstaat des Verbrauchers im Internet abrufbar ist. Das nationale Gericht hat unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles zu beurteilen, ob der Vertragspartner, der eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit ausübt, seine Tätigkeit auf den Wohnsitzmitgliedstaat des Verbrauchers ausrichtet. Wichtige Beurteilungsfaktoren sind insbesondere der Inhalt der Website, die bisherige Geschäftstätigkeit des Vertragspartners, der eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit ausübt, die Art der verwendeten Internetdomain und die Nutzung der Möglichkeiten, über das Internet oder auf sonstige Weise zu werben.

Vorläufige Sorgerechtsregelungen und EuEheVO

Vorabentscheidungsersuchen des OGH (Österreich) an den EuGH vom 20.4.2010 – 4 Ob 58/10y

1. Ist unter einer „Sorgerechtsentscheidung [...], in der die Rückgabe des Kindes nicht angeordnet wird“ im Sinn von Art. 10 lit. b sublit. iv EuEheVO auch eine vorläufige Regelung zu verstehen, mit der die „elterliche Entscheidungsgewalt“, insbesondere das Aufenthaltsbestimmungsrecht, bis zur endgültigen Entscheidung über das Sorgerecht dem entführenden Elternteil übertragen wird?
2. Fällt eine Rückgabeanordnung nur dann in den Anwendungsbereich von Art. 11 Abs. 8 EuEheVO, wenn das Gericht die Rückgabe aufgrund einer von ihm getroffenen Sorgerechtsentscheidung anordnet?
3. Wenn Frage 1 oder 2 bejaht wird:
3.1. Kann die Unzuständigkeit des Ursprungsgerichts (Frage 1) oder die Unanwendbarkeit von Art. 11 Abs. 8 EuEheVO (Frage 2) im Zweitstaat gegen die Vollstreckung einer Entscheidung, die vom Ursprungsgericht mit einer Bescheinigung nach Art. 42 Abs. 2 EuEheVO versehen wurde, eingewendet werden?
3.2. Oder muss der Antragsgegner in einem solchen Fall im Ursprungsstaat die Aufhebung der Bescheinigung beantragen, wobei die Vollstreckung im Zweitstaat bis zur Entscheidung des Ursprungsstaats ausgesetzt werden kann?
4. Wenn die Fragen 1 und 2 oder die Frage 3.1. verneint werden:
Steht eine von einem Gericht des Zweitstaats erlassene und nach dessen Recht als vollstreckbar anzusehende Entscheidung, mit der die einstweilige Obsorge dem entführenden Elternteil übertragen wurde, nach Art 47 Abs. 2 EuEheVO der Vollstreckung einer zuvor nach Art. 11 Abs. 8 EuEheVO erlassenen Rückgabeanordnung des Erststaats auch dann entgegen, wenn sie die Vollstreckung einer nach dem Haager Übereinkommen vom 25.10.1980 über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung (HKÜ) erlassenen Rückgabeanordnung des Zweitstaats nicht hinderte?
5. Wenn auch die Frage 4 verneint wird:
5.1. Kann die Vollstreckung einer Entscheidung, die vom Ursprungsgericht mit einer Bescheinigung nach Art. 42 Abs. 2 EuEheVO versehen wurde, im Zweitstaat verweigert werden, wenn sich die Umstände seit ihrer Erlassung in einer Weise geändert haben, dass die Vollstreckung das Wohl des Kindes nun schwerwiegend gefährdete?
5.2. Oder muss der Antragsgegner diese geänderten Umstände im Ursprungsstaat geltend machen, wobei die Vollstreckung im Zweitstaat bis zur Entscheidung des Ursprungsstaats ausgesetzt werden kann?

Nachweis des Mittelpunkts der Vermögensinteressen nach EuInsVO

Vorabentscheidungsersuchen der Cour de Cassation (Frankreich) an den EuGH vom 19.4.2010 – Rs. C-191/10 – Société Rastelli Davide et C. ./. Jean-Charles Hidoux, in seiner Eigenschaft als Liquidator der Médiasucre International

1. Hindert die EuInsVO ein Gericht eines Mitgliedstaats, das das Hauptinsolvenzverfahren gegen einen Schuldner unter Zugrundelegung der Tatsache eröffnet, dass sich der Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen des Schuldners im Gebiet dieses Mitgliedstaat befindet, an der Anwendung einer innerstaatlichen Vorschrift, die ihm die Zuständigkeit verleiht, dieses Verfahren auf eine Gesellschaft, deren satzungsmäßiger Sitz sich in einem anderen Mitgliedstaat befindet, allein aufgrund der Feststellung einer Vermischung der Vermögensmassen des Schuldners und dieser Gesellschaft zu erweitern?
2. Kann, wenn die auf Erweiterung gerichtete Klage als Eröffnung eines neuen Insolvenzverfahrens einzustufen ist, über das das ursprünglich angerufene Gericht eines Mitgliedstaats nur entscheiden kann, wenn nachgewiesen wird, dass sich der Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen der von der Erweiterung betroffenen Gesellschaft in diesem Staat befindet, dieser Nachweis allein durch die Feststellung einer Vermischung der Vermögensmassen geführt werden?

Zuständigkeit nach EuGVVO und Internetpressedelikte

Vorabentscheidungsersuchen des Tribunal de grande instance de Paris an den EuGH vom 6.4.2010 – Rs. C-161/10 – Oliver Martinez, Robert Martinez ./. MGN Limited

Sind die Art. 2 und Art. 5 Abs. 3 EuGVVO dahin auszulegen, dass sie dem Gericht eines Mitgliedstaats die Zuständigkeit für die Entscheidung über eine Klage wegen einer Verletzung der Persönlichkeitsrechte, die möglicherweise durch die Einstellung von Informationen und/oder Fotografien auf einer in einem anderen Mitgliedstaat von einer Gesellschaft mit Sitz in diesem zweiten Staat – oder aber in einem anderen Mitgliedstaat, jedenfalls nicht im erstgenannten Mitgliedstaat – herausgegebenen Internet-Website begangen worden ist, verleihen, 
sei es nur unter der Voraussetzung, dass diese Website vom erstgenannten Staat aus eingesehen werden kann, sei es nur dann, wenn zwischen dem schädigenden Ereignis und dem Gebiet des erstgenannten Staates eine hinreichende, wesentliche oder enge Verknüpfung besteht, wobei sich in diesem Fall die Frage stellt, ob sich diese Verknüpfung ergeben kann aus dem Umfang der Verbindungen zu der streitigen Website vom erstgenannten Mitgliedstaat aus, absolut oder im Verhältnis zu den gesamten Verbindungen mit dieser Website, dem Wohnort oder der Staatsangehörigkeit der Person, die die Verletzung ihrer Persönlichkeitsrechte rügt, oder allgemein der betroffenen Personen, der Sprache, in der die streitige Information verbreitet wird, oder jedem anderen Umstand, der geeignet ist, den Willen des Herausgebers der Website zu belegen, sich besonders an die Öffentlichkeit im erstgenannten Staat zu wenden, dem Ort, an dem sich der beschriebene Sachverhalt abgespielt hat und/oder wo die gegebenenfalls ins Netz gestellten Fotografien aufgenommen worden sind, anderen Kriterien?

Parallele Urheberrechtsverletzungen und Art. 6 Nr. 1 EuGVVO

Vorabentscheidungsersuchen des Handelsgerichts Wien an den EuGH vom 22.3.2010 – Rs. C-145/10 – Eva-Maria Painer ./. Standard VerlagsGmbH, Axel Springer AG, Süddeutsche Zeitung GmbH, SPIEGEL-Verlag Rudolf AUGSTEIN GmbH & Co KG, Verlag M. DuMont Schauberg Expedition der Kölnischen Zeitung GmbH & Co KG

1. Ist Art. 6 Nr. 1 EuGVVO dahin auszulegen, dass es seiner Anwendung und damit seiner gemeinsamen Verhandlung nicht entgegensteht, dass gegen mehrere Beklagte wegen inhaltlich identischen Urheberrechtsverletzungen erhobene Klagen auf national unterschiedlichen, inhaltlich aber in den wesentlichen Grundzügen identischen Rechtsgrundlagen – wie dies für alle Europäischen Staaten für den verschuldensunabhängigen Unterlassungsanspruch und den Anspruch auf angemessenes Entgelt aus Urheberrechtsverletzungen und den sich aus der rechtswidrigen Verwendung ergebenden Schadensersatzanspruch gilt – beruhen?
2.a) Ist Art. 5 Abs. 3 lit. d unter Bedacht auf Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22.5.2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (Info-RL) dahin auszulegen, dass es seiner Anwendung nicht entgegen steht, dass der ein Werk oder einen sonstigen Schutzgegenstand zitierende Pressebericht kein urheberechtlich geschütztes Sprachwerk ist?
b) Ist Art. 5 Abs. 3 lit. d unter Bedacht auf Art. 5 Abs. 5 Info-RL dahin auszulegen, dass es seiner Anwendung nicht entgegen steht, dass dem zitierten Werk oder sonstigen Schutzgegenstand nicht der Name des Urhebers oder des ausübenden Künstlers beigefügt ist?
3.a) Ist Art. 5 Abs. 3 lit. e unter Bedacht auf Art. 5 Abs. 5 Info-RL dahin auszulegen, dass seine Anwendung im Interesse der im Rahmen der öffentlichen Sicherheit wahrzunehmenden Strafrechtspflege einen konkreten aktuellen und ausdrücklichen Aufruf der Sicherheitsbehörden zur Bildnisveröffentlichung voraussetzt, d.h. die Bildnisveröffentlichung zu Fahndungszwecken amtlich veranlasst sein muss und andernfalls eine Rechtsverletzung vorliegt?
b) Im Fall der Verneinung von Frage 3 a): Dürfen Medien Art. 5 Abs. 3 lit. e Info-RL für sich auch dann in Anspruch nehmen, wenn sie ohne ein entsprechendes Fahndungsersuchen der Behörde aus Eigenem entscheiden, ob Bildnisveröffentlichungen „im Interesse der öffentlichen Sicherheit“ stattfinden?
c) Im Fall der Bejahung von Frage 3 b): Reicht es in diesem Fall aus, dass Medien im Nachhinein behaupten, dass eine Bildnisveröffentlichung Fahndungszwecken gedient hat, oder bedarf es in jedem Fall eines konkreten Fahndungsaufrufes zur Mithilfe der Leser zur Mitwirkung bei der Aufklärung einer Straftat, der unmittelbar mit der Lichtbildveröffentlichung verbunden sein muss?
4. Sind Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 5 Abs. 5 Info-RL und Art. 12 der Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst (Pariser Fassung vom 24.7.1971) in der am 28.9.1979 geänderten Fassung (RBÜ) insbesondere unter Bedacht auf Art. 1 des Ersten Zusatzprotokolls zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) vom 20.3.1952 und Art. 17 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union 2000/C 364/013 dahin auszulegen, dass Lichtbildwerke und/oder Lichtbilder, insbesondere Porträtaufnahmen, einen „schwächeren“ oder gar keinen urheberrechtlichen Schutz vor Bearbeitungen genießen, weil diese im Hinblick auf die „realistische Aufnahme“ eine zu geringe Gestaltungsmöglichkeit aufweisen?

Art. 22 Nr. 2 EuGVVO und Inzidentprüfung des Beschlusses bei öffentlich-rechtlichen Personen

Vorabentscheidungsersuchen des Kammergerichts Berlin an den EuGH vom 18.3.2010 – Rs. C-144/10 – Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), Anstalt des öffentlichen Rechts ./. JPMorgan Chase Bank N.A., Frankfurt Branch

1. Erstreckt sich der Anwendungsbereich von Art. 22 Nr. 2 EuGVVO auch auf Rechtsstreitigkeiten, in denen eine Gesellschaft oder juristische Person ihrer Inanspruchnahme aus einem Rechtsgeschäft eine sich aus Satzungsverstößen ergebende Unwirksamkeit von Beschlüssen ihrer Organe, die zum Abschluss des Rechtsgeschäfts geführt haben, entgegen hält?
2. Findet, sofern die Frage zu 1) bejaht wird, Art. 22 Nr. 2 EuGVVO auch Anwendung auf juristische Personen des öffentlichen Rechts, sofern die Wirksamkeit der Beschlüsse ihrer Organe von Zivilgerichten zu überprüfen ist?
3. Ist, sofern die Frage zu 2) bejaht wird, das Gericht des in einem Rechtsstreit zuletzt angerufenen Mitgliedsstaates nach Art. 27 EuGVVO auch dann zur Aussetzung des Verfahrens verpflichtet, wenn gegenüber einer Gerichtsstandsvereinbarung geltend gemacht wird, diese sei auf Grund eines nach dem Statut einer Partei unwirksamen Beschlusses ihrer Organe ebenfalls unwirksam?

Präklusion und Art. 45 EuGVVO

Vorabentscheidungsersuchen des Hoge Raad der Nederlanden an den EuGH vom 17.3.2010 – Rs. C-139/10 – Prism Investments B.V. ./. Jaap Anne Van der Meer

Steht Art. 45 EuGVVO der Versagung oder Aufhebung einer Vollstreckbarkeitserklärung durch ein Gericht, das über einen Rechtsbehelf gemäß Art. 43 oder 44 dieser Verordnung zu entscheiden hat, aus einem anderen als einem in den Art. 34 und 35 dieser Verordnung genannten Grund entgegen, der gegen die Vollstreckung der für vollstreckbar erklärten Entscheidung angeführt wird und nach dem Erlass dieser Entscheidung entstanden ist, wie etwa der Grund, dass der Entscheidung nachgekommen worden sei?

Regelmäßiger Arbeitsort nach Art. 6 Abs. 2 lit. a EVÜ

Vorabentscheidungsersuchen der Cour d'Appel (Luxemburg) vom 18.1.2010 – Rs. C-29/10 – Heiko Koelzsch ./. Großherzogtum Luxemburg

Ist die in Art. 6 Abs. 2 lit. a EVÜ bestimmte Kollisionsnorm, nach der auf Arbeitsverträge und Arbeitsverhältnisse das Recht des Staates anzuwenden ist, in dem der Arbeitnehmer in Erfüllung des Vertrags gewöhnlich seine Arbeit verrichtet, dahin auszulegen, dass wenn der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung in mehreren Staaten erbringt, aber regelmäßig in einen von diesen zurückkehrt, dieser Staat als derjenige anzusehen ist, in dem der Arbeitnehmer gewöhnlich seine Arbeit verrichtet?

Deliktsort bei Internetpressedelikten

Vorabentscheidungsersuchen des BGH an den EuGH vom 9.12.2009 – Rs. C-509/09 – eDate Advertising GmbH ./. X

1. Ist die Wendung „Ort, an dem das schädigende Ereignis einzutreten droht“ in Art. 5 Nr. 3 EuGVVO bei (drohenden) Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch Inhalte auf einer Internet-Website dahingehend auszulegen,
dass der Betroffene eine Unterlassungsklage gegen den Betreiber der Website unabhängig davon, in welchem Mitgliedstaat der Betreiber niedergelassen ist, auch bei den Gerichten jedes Mitgliedstaats erheben kann, in dem die Website abgerufen werden kann,
oder
setzt die Zuständigkeit der Gerichte eines Mitgliedstaats, in dem der Betreiber der Website nicht niedergelassen ist, voraus, dass ein über die technisch mögliche Abrufbarkeit hinausgehender besonderer Bezug der angegriffenen Inhalte oder der Website zum Gerichtsstaat (Inlandsbezug) besteht?
2. Wenn ein solcher besonderer Inlandsbezug erforderlich ist:
Nach welchen Kriterien bestimmt sich dieser Bezug?
Kommt es darauf an, ob sich die angegriffene Website gemäß der Bestimmung des Betreibers zielgerichtet (auch) an die Internetnutzer im Gerichtsstaat richtet oder genügt es, dass die auf der Website abrufbaren Informationen objektiv einen Bezug zum Gerichtsstaat in dem Sinne aufweisen, dass eine Kollision der widerstreitenden Interessen – Interesse des Klägers an der Achtung seines Persönlichkeitsrechts und Interesse des Betreibers an der Gestaltung seiner Website und an der Berichterstattung – nach den Umständen des konkreten Falls, insbesondere aufgrund des Inhalts der beanstandeten Website, im Gerichtsstaat tatsächlich eingetreten sein kann oder eintreten kann?
Kommt es für die Feststellung des besonderen Inlandsbezugs maßgeblich auf die Anzahl der Abrufe der beanstandeten Website vom Gerichtsstaat aus an?
3. Wenn es für die Bejahung der Zuständigkeit keines besonderen Inlandsbezugs bedarf oder wenn es für die Annahme eines solchen genügt, dass die beanstandeten Informationen objektiv einen Bezug zum Gerichtsstaat in dem Sinne aufweisen, dass eine Kollision der widerstreitenden Interessen im Gerichtsstaat nach den Umständen des konkreten Falls, insbesondere aufgrund des Inhalts der beanstandeten Website, tatsächlich eingetreten sein kann oder eintreten kann, und die Annahme eines besonderen Inlandsbezugs nicht die Feststellung einer Mindestanzahl von Abrufen der beanstandeten Website vom Gerichtsstaat aus voraussetzt:
Ist Art. 3 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8.6.2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt (nachfolgend: e-commerce-Richtlinie) dahingehend auszulegen,
dass diesen Bestimmungen ein kollisionsrechtlicher Charakter in dem Sinne beizumessen ist, dass sie auch für den Bereich des Zivilrechts unter Verdrängung der nationalen Kollisionsnormen die alleinige Anwendung des im Herkunftsland geltenden Rechts anordnen,
oder
handelt es sich bei diesen Vorschriften um ein Korrektiv auf materiell-rechtlicher Ebene, durch das das sachlich-rechtliche Ergebnis des nach den nationalen Kollisionsnormen für anwendbar erklärten Rechts inhaltlich modifiziert und auf die Anforderungen des Herkunftslandes reduziert wird?
Für den Fall, dass Art. 3 Abs. 1 und 2 e-commerce-Richtlinie kollisionsrechtlichen Charakter hat:
Ordnen die genannten Bestimmungen lediglich die alleinige Anwendung des im Herkunftsland geltenden Sachrechts oder auch die Anwendung der dort geltenden Kollisionsnormen an mit der Folge, dass ein renvoi des Rechts des Herkunftslands auf das Recht des Bestimmungslands möglich bleibt?

Gerichtsstand des Erfüllungsortes bei vielfachem Leistungsort

BGH 27.4.2010 – IX ZR 108/09

Für eine Klage auf Feststellung der Wirksamkeit eines Vertrags mit mehreren gleichrangigen, in verschiedenen Vertragsstaaten zu erfüllenden Hauptpflichten besteht grundsätzlich kein einheitlicher internationaler Gerichtsstand des vertraglichen Erfüllungsortes.

Präklusionszeitpunkt und § 767 ZPO

BGH 24.3.2010 – XII ZB 193/07

Hat das in der Bundesrepublik Deutschland zu vollstreckende (hier: türkische) Urteil nur den Trennungsunterhalt geregelt, ist im Vollstreckbarerklärungsverfahren die Rechtskraft der Ehescheidung als Einwendung im Sinne von § 767 ZPO zu berücksichtigen und die Vollstreckbarkeit auf die Zeit bis zur deren Eintritt zu beschränken.

Sonderanknüpfung des Besitzmittlungsverhältnisses

BGH 22.2.2010 – II ZR 286/07

Die Übergabe nach § 929 S. 1 BGB durch Aufgabe des mittelbaren Besitzes des Veräußerers und Begründung des mittelbaren Besitzes des Erwerbers setzt voraus, dass der Veräußerer den mittelbaren Besitz vollständig verliert und der Erwerber in einer Besitzkette seinen mittelbaren Besitz anhand konkreter Besitzmittlungsverhältnisse auf den unmittelbaren Besitzer zurückführen kann. Solche konkreten Besitzmittlungsverhältnisse sind auch dann internationalprivatrechtlich gesondert anzuknüpfen, wenn sich das Sachstatut für die Übereignung nach dem Recht des Lageortes richtet.

Heilung von Zustellungsmängeln im Anerkennungsverfahren

BGH 21.1.2010 – IX ZB 193/07

1. Der Schuldner kann sich im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung ausländischer Entscheidungen nicht darauf berufen, dass ihm das verfahrenseinleitende Schriftstück oder ein gleichwertiges Schriftstück nicht zugestellt worden ist, wenn ihm im Ursprungsland noch ein Rechtsbehelf zur Verfügung steht, mit dem er dies geltend machen kann.
2. Erfolgt die Zustellung der für vollstreckbar zu erklärenden Entscheidung erst mit dem Antrag auf Vollstreckbarerklärung, hat das Beschwerdegericht erforderlichenfalls das Verfahren auszusetzen und eine Frist zu bestimmen, in der der Schuldner den Rechtsbehelf bei dem ausländischen Gericht einzulegen hat.

EuVTVO und Zugewinnausgleich

KG Berlin 16.4.2010 – 3 WF 49/10

1. Eine gerichtliche Entscheidung über eine Klage auf gesetzlichen Zugewinnausgleich ist vom sachlichen Anwendungsbereich der EuVTVO ausgeschlossen, weil sie das Rechtsgebiet der ehelichen Güterstände i.S.v. Art. 2 Abs. 2 lit. a EuVTVO betrifft.
2. Dies gilt auch, wenn mit der Erfüllungsklage ein vertraglicher Anspruch auf Wertsicherung einer notariell vereinbarten Zugewinnausgleichsforderung geltend gemacht wird, da hiermit kein Anerkenntnis i.S.v. Art. 3 Abs. 1 lit. d EuVTVO verbunden ist.
3. Der Anspruch auf eine vertraglich vereinbarte Wertsicherung einer notariellen Zugewinnausgleichsforderung stellt keine Verbrauchersache i.S.v. Art. 6 Abs. 1 lit. d EuVTVO dar, mit der Folge, dass es für eine Bestätigung der gerichtlichen Entscheidung über den Anspruch als Europäischer Vollstreckungstitel auf den (hier: fehlenden) Wohnsitz des Schuldners im Hoheitsgebiet eines EG-Mitgliedsstaates nicht ankommt.
4. Die Anwendungssperre des Art. 2 Abs. 2 EuVTVO gilt mangels teilbarer Entscheidung i.S.v. Art. 8 EuVTVO auch für einen Vollstreckungstitel, der neben einem vom Anwendungsbereich sachlich ausgeschlossenen Anspruch (hier: aus dem Gebiet der ehelichen Güterstände) einen nicht ausgeschlossenen Anspruch aus dem Bereich des Zivilrechts (hier: Schadensersatzanspruch wegen außergerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren) enthält, wenn der ausgeschlossene Anspruch die Basis für den an sich nicht ausgeschlossenen Anspruch bildet und letzterer nur als Nebenforderung geltend gemacht wird (Abgrenzung zu EuGH vom 6.3.1980 – Rs. 120/79 – de Cavel II – EuGHE 1980, 731).

Zustellungsverweigerung und Art. 14 EuZVO, Art. 34 EuGVVO

OLG Stuttgart 31.3.2010 – 5 W 62/09

1. Erreicht das gemäß Art. 14 EuZVO durch Einschreiben mit Rückschein zur Zustellung aufgegebene verfahrenseinleitende Schriftstück i.S.d. Art. 34 Nr. 2 EuGVVO den Empfänger tatsächlich nicht, sondern wird das Schriftstück nach Hinterlegung auf dem Postamt und Nichtabholung durch den Adressaten an das versendende Gericht zurückgesandt, so könnte der Adressat höchstens dann behandelt werden, als hätte er das Schriftstück erhalten, wenn eine treuwidrige Zugangsvereitelung vorliegen würde.
2. Beschränkt sich das Verhalten des Adressaten auf die schlichte Nichtabholung der auf dem Postamt hinterlegten Sendung, könnte darin höchstens dann eine treuwidrige Zugangsvereitelung liegen, wenn dem Adressaten erstens eine Benachrichtigung über die Hinterlegung des Schriftstücks auf dem Postamt zugegangen wäre und wenn zweitens die Benachrichtigung einen Art. 14 Abs. 1 lit. d EuVTVO entsprechenden Hinweis auf den Inhalt der bei der Post lagernden Sendung enthalten hätte.
Im Verfahren über die Anerkennung einer Entscheidung würde die Beweislast für den Zugang einer solchen Benachrichtigung den Antragsteller treffen.
3. Hat der Antragsgegner des Verfahrens über die Anerkennung einer Entscheidung bereits im Urteilsstaat versucht, die Vollstreckbarkeit der Entscheidung mit der Begründung zu beseitigen, das verfahrenseinleitende Schriftstück sei nicht ordnungsgemäß zugestellt worden, so entfaltet die Entscheidung des Gerichts des Urteilsstaates im Verfahren über die Anerkennung der Entscheidung in einem Zweitstaat keine Bindungswirkung.

Inlandsprozesse britischer Insolvenzverwalter

OLG München 25.2.2010 – 29 U 1513/07

1. Die Befreiung einer Widerklage von der Verpflichtung zur Leistung einer Prozesskostensicherheit gemäß § 110 Abs. 2 Nr. 4 ZPO besteht grundsätzlich nach rechtskräftiger Abweisung der Klage fort.
2. Zur Prozessführungsbefugnis britischer Insolvenzverwalter.

Statutenwechsel und Unterhaltstitel

Thüringer OLG 17.2.2010 – 1 WF 265/09

1. Nach Art. 22 Nr. 5 EuGVVO sind ohne Rücksicht auf den Wohnsitz ausschließlich zuständig für Verfahren, welche die Zwangsvollstreckung aus Entscheidungen zum Gegenstand haben, die Gerichte des Mitgliedsstaats, in dessen Hoheitsgebiet die Zwangsvollstreckung durchgeführt werden soll oder durchgeführt worden ist.
2. Im Zeitpunkt der Errichtung der Jugendamtsurkunde waren auf die Unterhaltspflicht des Klägers die Sachvorschriften des am jeweiligen gewöhnlichen Aufenthalt des Berechtigten geltenden Rechts anzuwenden (Art. 18 Abs. 1 S. 1 EGBGB), d.h. deutsches Recht anwendbar, da der Beklagte seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland hatte.
3. Wegen der Hauptanknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt des Berechtigten ist das Unterhaltsstatut wandelbar, wenn der Berechtigte seinen Aufenthalt in anderes Land verlegt. Der Unterhaltsanspruch unterliegt ex nunc ab dem Aufenthaltswechsel dem neuen Aufenthaltsrecht (vgl. Art. 4 Abs. 2 HUA).
4. Soweit der Unterhalt aber bereits festgesetzt ist (hier: Errichtung einer Jugendamtsurkunde), kann dem Statuswechsel nur durch ein Abänderungsverfahren Geltung verschafft werden.

Zustellung im Verfahren zur Verhängung einer Geldbuße im Auftrag einer ausländischen Wettbewerbsbehörde

OLG Frankfurt a.M. 8.2.2010 – 20 VA 15/09

Eine ausländische (hier: Neuseeland) Klageschrift, mit der von der ausländischen staatlichen Wettbewerbsbehörde erstrebt wird, dass das ausländische Gericht wegen Wettbewerbs- und Kartellverstößen Geldbußen verhängt, kann auch dann nicht als Zivil- und Handelssache eingeordnet werden, wenn das Verfahren beim Ausgangsgericht in die Handelsliste eingetragen ist.

Art. 22 Nr. 5 EuGVVO und Abberufung des Geschäftsführers

OLG Frankfurt a.M. 3.2.2010 – 21 U 54/09

Zur internationalen Zuständigkeit der englischen Gerichte gem. Art. 22 Nr. 2 S. 1 EuGVVO für die Klage gegen die Abberufung des Geschäftsführers einer nur in Deutschland tätigen Limited mit Gründungssitz im Vereinigten Königreich.

Ausgangskontrolle inländischer Rechtshilfebehörde

OLG Hamm 3.2.2010 – 5 WF 11/10

1. Die Übermittlungsstelle darf die Übermittlung eines Antrags auf grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe ablehnen, wenn der Antragsteller trotz eines entsprechenden Hinweises formelle Mängel des Antrags nicht beseitigt und abzusehen ist, dass die zuständige Empfangsstelle den Antrag aufgrund der Mängel zurückweisen wird.
2. Werden im Standardformular bestimmte Angaben und entsprechende Belege gefordert, darf die Übermittlungsstelle grundsätzlich davon ausgehen, dass diese für eine positive Entscheidung des Antrags auf Prozesskostenhilfe erforderlich sind.

Keine Rückgabe guatemaltekischen Kulturerbes

BayVGH 16.4.2010 – 7 CE 10.258

Die Republik Guatemala kann derzeit in Bayern befindliche archäologische Fundstücke des guatemaltekischen Kulturerbes nicht zurückverlangen, da sie einen für einen Anspruch auf Anhaltung archäologischer Fundstücke notwendigen Rückgabeanspruch nach dem Kulturgüterrückgabegesetz nicht glaubhaft machen kann. Insbesondere wurden die archäologischen Fundstücke von der Antragstellerin nicht innerhalb der vom Kulturgüterrückgabegesetz vorgeschriebenen Jahresfrist als besonders bedeutsam bezeichnet.

Gleichgeschlechtliche Ehe und deutsches Melderegister

VG Berlin 15.6.2010 – VG 23 A 242.08

Eine im Ausland (hier: Kanada) als Ehe geschlossene Verbindung gleichgeschlechtlicher Partner ist im deutschen Melderegister als Lebenspartnerschaft einzutragen.

Verbot des Familienfideikommisses keine Eingriffsnorm

Schweiz. BG 17.11.2009 – 4A_339/2009

Das Verbot des Familienfideikommisses gem. Art. 335 Abs. 2 ZGB ist keine nach Art. 18 IPRG auch gegen das ausländische berufene Recht zwingend anwendbare Bestimmung.

Gleichgeschlechtliche Ehe und Doppelvaterschaft: Keine Anerkennung der Geburtsurkunde

Belg. Tribunal de première instance Huy 22.3.2010

Die kalifornischen Geburtsurkunden, die den biologischen Vater und dessen Ehemann als Väter der in Kalifornien von einer Leihmutter geborenen Zwillinge aufführen, müssen von belgischen Behörden nicht anerkannt werden. Dies folge aus Art. 27 des belgischen IPR-Gesetzes, nach dem ausländische Personenstandsbeurkundungen in Belgien nur anerkannt werden, wenn sie den nach nationalem Recht geltenden Anforderungen entsprechen. Die Anerkennung der hier betroffenen kalifornischen Geburtsurkunden stünde aber im Widerspruch zur öffentlichen Ordnung. Der Vertrag zwischen den Parteien sei nach belgischem Recht unwirksam und schwer mit dem Recht eines jeden Kindes aus Art. 7 der UN-Kinderrechtskonvention, seine Eltern zu kennen und von ihnen betreut zu werden, sowie dem Verbot menschenunwürdiger Behandlung gem. Art. 3 EMRK zu vereinbaren. Außerdem wurde darauf hingewiesen, dass Länder, die Leihmutterschaftsvereinbarungen tolerieren, die Abwesenheit kommerzieller Motive verlangen.

Veranstaltungshinweise

Die Interdisziplinäre Gesellschaft für Komparatistik und Kollisionsrecht (IGKK) lädt in Zusammenarbeit mit dem International Center for Advanced and Comparative EU-Russia (NIS) Research (ICEUR-Vienna) und der Universität Wien in das Dachgeschoss des Juridicums, Schottenbastei 10–16 in 1010 Wien am 2.7.2010 um 11.00 Uhr zu einem Vortrag von Prof. Dr. Suren Avakian (Moskauer Staatliche Universität, Lomonossov) zum Thema „Aktuelle Entwicklungen im russischen Verfassungsrecht“. Prof. Dr. Avakian analysiert die Neuerungen im russischen Verfassungsrecht unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Grundlagen von Gesellschaft und Demokratie. Anmeldung bis zum 25.6.2010 und nähere Informationen unter organisation@igkk.org.

- The XVIIIth International Congress of Comparative Law will take place at American University Washington College of LawGeorge Washington University Law School, and Georgetown Law from 25 July to 1 August 2010. This weeklong conference of the International Academy of Comparative Law(Paris), which takes place only once every four years, is being held for the first time in the United States and is presented by the American Society of Comparative Law along with the International Academy and the host schools. The program features over forty scholarly programs with some of the most prominent academics, judges, and justices from around the world. Confirmed speakers include Justice Ruth Bader Ginsburg of the Supreme Court of the United States and Justice Sabino Casseseof the Italian Constitutional Court, as well as Carolyn Lamm, the president of the American Bar Association. Every effort is being made to achieve truly interactive meetings in the Academy-format sessions, which are led by a distinguished chair and a general reporter but which will allow comment and conversation between national reporters from many countries and others in attendance at each session. In addition, the agenda includes a number of panels exploring innovative topics in comparative law. Aside from the academic program, the XVIIIth Congress will include social events, such as breakfasts, lunches, and receptions almost every day and a closing banquet at the Organization of American States on the National Mall. The conference hotel will be the Ritz-Carlton Washington DC, which is offering extraordinary rates for those attending the XVIIIth Congress, but availability is limited. For complete details and registration, please visitwww.wcl.american.edu/events/2010congress/ (available in English and French).

- Vom 16.–28.8.2010 findet die „52. Sommeruniversität für Europarecht“ in Urbino (Italien) statt. Die Kurse befassen sich mit aktuellen Fragestellungen aus den Bereichen des internationalen Privatrechts, des Europarechts und der Rechtsvergleichung. Unterrichtssprachen sind französisch, italienisch und englisch. Als Dozenten konnten Abgeordnete des Europäischen Parlaments, Europabeamte, Praktiker und Hochschulprofessoren u.a. aus Italien, Frankreich und England gewonnen werden. Das erfolgreiche Bestehen der Abschlussprüfungen wird mit dem Diplom in Rechtsvergleichung der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Urbino belohnt. Nähere Informationen sind unter www.univ-paris1.fr/ecoles-doctorales/droit-international-et-europeen/les-centres-de-recherche-et-de-documentation/cerpi/seminaire-dete-durbino/ undwww.uniurb.it/seminaire/wp/ zu finden.

- Am 9./10.9.2010 findet eine von der Universität Bourgogne (Dijon) organisierte Konferenz zum Thema „Die Rom I Verordnung und die Rechtswahl in internationalen Verträgen“ statt. Nähere Informationen und das Programm sind unter www.u-bourgogne.fr/-ROME-1-et-le-choix-de-loi-.html zu finden.

Stand: 28.02.2010