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IPRax-Heft 2012,2

Neueste Informationen Heft 2/2012

Europäischer Rat: Reform der EuGVVO

Beim Treffen des Rates der Europäischen Union am 13. und 14.12.2011 wurden politische Leitlinien der kommenden Reform der EuGVVO beschlossen, die die Abschaffung des Exequatur zur Folge haben und noch bestehende Hindernisse der Urteilsfreizügigkeit abbauen soll. Grundlage ist der Kommissionsvorschlag vom 14.12.2010 (KOM [2010] 748 endg.). Das Vereinigte Königreich und Irland haben der Presseerklärung zufolge erklärt, sich an der Annahme der Reform zu beteiligen. Presseerklärung: http://bit.ly/sO8WB2.

Europäischer Rat: Einigung über möglichen Text der Europäischen Erbrechtsverordnung

Beim Treffen des Rates der Europäischen Union am 13. und 14.12.2011 wurde auch eine weitgehende politische Einigung über einen möglichen Text einer Verordnung im internationalen Erbrecht auf der Grundlage des Kommissionsvorschlags vom 14.10.2009 (KOM [2009] 154 endg.) erzielt. Insbesondere sollen Zuständigkeit und anwendbares Recht einheitlich an den letzten gewöhnlichen Aufenthaltsort des Erblassers angeknüpft werden; ferner soll die Verordnung die gegenseitige Anerkennung von Entscheidungen sicherstellen und einen europäischen Erbschein einführen. Weiterhin ungeklärt ist dagegen die Anknüpfung von Rückforderungen von Schenkungen unter Lebenden und der Nachlassverwaltung. Presseerklärung: http://bit.ly/sO8WB2.

Neue Generalsekretärin der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit (DIS)

Dr. Francesca Mazza, derzeit Counsel beim Internationalen Schiesgerichtshof der Internationalen Handelskammer (ICC) in Paris, wird im Oktober zur Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit wechseln und Nachfolgerin von Rechtsanwalt Jens Bredow werden, der seit 1992 Generalsekretär ist und Ende 2013 in den Ruhestand treten wird. Francesca Mazza hat in Mailand und Heidelberg studiert, wurde nach dem Ersten Staatsexamen in Baden-Württemberg in Heidelberg promoviert und legte nach dem Referendariat in Köln dort die Große Staatsprüfung ab. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin zunächst am Institut für ausländisches und internationales Privat- und Wirtschaftsrecht in Heidelberg und dann am Institut für internationales und ausländisches Privatrecht der Universität zu Köln. Sie hat publiziert zum Bürgerlichen Recht, zum nationalen und internationalen Gesellschaftsrecht und zum Recht der Schiedsgerichtsbarkeit. Frau Dr. Mazza war neben ihrer Tätigkeit als Teamleiterin im Sekretariat des Gerichtshofs zuletzt Secretary des Redaktionsausschusses der ICC Arbitration Commission Task Force für die Ausarbeitung der vor kurzem in Kraft getretenen ICC Rules of Arbitration 2011. (H.K.)

Türkei: Zum Verbot von Gerichtsstands- und Schiedsklauseln bei Ratenkaufverträgen

In der Türkei wird am 1.7.2012 ein neues Obligationengesetz (Borçlar Kanunu), Gesetz Nr. 6098/2011, veröffentlicht im Gesetzblatt (Resmi Gazete) Nr. 27.836 vom 4.2.2001, aufgrund seines Art. 648 in Kraft treten. Das bisher geltende Gesetz wird aufgehoben (Art. 647).

Das neue Gesetz enthält in seinen Art. 253 ff. erstmals in der Türkei ausführliche Regeln über den Ratenkaufvertrag (taksitle sati?). U.a. bestimmt Art. 262, dass für Streitigkeiten aufgrund dieses Vertrages der Käufer mit Wohnsitz in der Türkei weder vorab auf die Zuständigkeit des Gerichts an seinem Wohnsitz (yerle?im yeri) verzichten noch einen Schiedsvertrag (tahkim sözle?mesi) abschließen darf. Eine Ausnahme gilt nach Art. 263 Abs. 4 allerdings für den handelsrechtlichen Bereich. Die in Art. 262 enthaltene Regel gilt nämlich nicht, wenn der Käufer ein Kaufmann (tacir) ist, der gekaufte Gegenstand den Bedürfnissen eines Handelsunternehmens (ticari i?letme) oder beruflichen Zwecken (mesleki amaçlar) dient.

Nach Art. 273 gilt die Grundregel (für Ratenkaufverträgen mit Privaten) einschließlich ihrer Ausnahmen für den Geschäftsverkehr auch für Ratenkaufverträge, bei denen die Zahlung des Preises vor Übergabe der Ware erfolgt (ön ödemeli taksitle sati?).

(Mitgeteilt von Prof. Dr. Hilmar Krüger, Köln)

IPR und IZPR des geistigen Eigentums

Toshiyuki Kono, Professor an der Universität Ky?sh?, hat im Social Science Researcht Network (SSRN) eine gekürzte Fassung seiner umfangreichen Untersuchung zum internationalen Privat- und Zivilverfahrensrechts des geistigen Eigentums veröffentlicht. Die Studie fasst 21 Nationalberichte zusammen, darunter den Bericht von Axel Metzger zum deutschen Recht. Sie kann unter http://bit.ly/xIChE1 abgerufen werden.

Nachweis des Mittelpunkts der Vermögensinteressen nach EuInsVO

EuGH 15.12.2012 – Rs. C-191/10 – Rastelli Davide e C. Snc ./. Jean-Charles Hidoux in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter der Gesellschaft Médiasucre international

1. Die EuInsVO ist dahin auszulegen, dass ein Gericht eines Mitgliedstaats, das ein Hauptinsolvenzverfahren gegen eine Gesellschaft unter Zugrundelegung der Tatsache eröffnet hat, dass sich der Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen der Gesellschaft im Gebiet dieses Mitgliedstaats befindet, dieses Verfahren in Anwendung einer innerstaatlichen Vorschrift nur unter der Bedingung auf eine zweite Gesellschaft, deren satzungsmäßiger Sitz sich in einem anderen Mitgliedstaat befindet, erweitern kann, dass nachgewiesen wird, dass sich der Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen der zweiten Gesellschaft im erstgenannten Mitgliedstaat befindet.

2. Die EuInsVO ist dahin auszulegen, dass, wenn gegen eine Gesellschaft, deren satzungsmäßiger Sitz sich im Gebiet eines Mitgliedstaats befindet, Klage auf Erweiterung der Wirkungen eines Insolvenzverfahrens erhoben wird, das in einem anderen Mitgliedstaat gegen eine andere Gesellschaft, die im Gebiet dieses Mitgliedstaats niedergelassen ist, eröffnet ist, die Feststellung allein, dass eine Vermischung der Vermögensmassen dieser Gesellschaften vorliegt, nicht für den Nachweis ausreicht, dass sich der Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen der von der Klage betroffenen Gesellschaft ebenfalls in diesem Mitgliedstaat befindet. Zur Widerlegung der Vermutung, dass sich dieser Mittelpunkt am Ort des satzungsmäßigen Sitzes befindet, ist erforderlich, dass mit einer Gesamtbeurteilung aller relevanten Anhaltspunkte der Nachweis gelingt, dass sich das tatsächliche Verwaltungs- und Kontrollzentrum der von der Klage auf Erweiterung betroffenen Gesellschaft für Dritte feststellbar in dem Mitgliedstaat befindet, in dem das ursprüngliche Insolvenzverfahren eröffnet wurde.

Mittelpunkt der Vermögensinteressen bei eingestelltem Geschäftsbetrieb

BGH 1.12.2011 – IX ZB 232/10

Die internationale Zuständigkeit für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Gesellschaft mit Sitz im Ausland, die ihren Geschäftsbetrieb eingestellt hat und nicht abgewickelt wird, richtet sich danach, wo sie bei Einstellung ihrer Tätigkeit den Mittelpunkt ihrer hauptsächlichen Interessen hatte.

IPR der Gläubigeranfechtung bei Grundstücksübereignung

BGH 8.12.2011 – IX ZR 33/11

Die Anfechtung der Übereignung eines in Deutschland belegenen Grundstücks ist nach dem deutschen Recht der Gläubigeranfechtung zu beurteilen.

Vertragsgerichtsstand beim Krankenhausaufnahmevertrag

BGH 8.12.2011 – III ZR 114/11

Bei einem Krankenhausaufnahmevertrag ergibt sich aus der Natur des Schuldverhältnisses im Sinne des § 269 Abs. 1 BGB ein einheitlicher Leistungsort am Ort des Krankenhauses, der auch den Vergütungsanspruch des Krankenhauses umfasst. Deshalb ist das Gericht am Ort des Krankenhauses auch außerhalb des Anwendungsbereichs von Art. 5 Nr. 1 lit. b EuGVVO für Vergütungsansprüche des Krankenhauses international zuständig.

Konkretisierung einer schiedsgerichtlichen Zins- und Kostenentscheidung im Vollstreckbarerklärungsverfahren

BGH 30.11.2011 – III ZB 19/11

1. Zur Zulässigkeit der Konkretisierung einer schiedsgerichtlichen Zins- und Kostenentscheidung im Verfahren der Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Schiedsspruchs.

2. Wenn ein ausländischer Schiedsspruch die unterliegende Partei zur Tragung der Gerichtskosten und der „entsprechenden“ Zinsen verurteilt, so ist auf Antrag der vollstreckenden Partei der im Inland zu vollstreckende Titel um die genaue Höhe der Gerichtskosten und der entsprechenden Zinsen zu ergänzen, falls die Höhe der Gerichtskosten der gerichtlichen Tatsachenfindung zugänglich ist und die „entsprechenden“ Zinsen in dem dem Schiedsspruch zugrundeliegenden materiellen Recht betragsmäßig bestimmt sind.

Kein EuGVÜ im Verhältnis zu den Britischen Jungferninseln

BGH 29.11.2011 – VI ZR 251/10

1. Das im Verhältnis zu außereuropäischen Gebieten weiterhin anwendbare EuGVÜ gilt im Verhältnis zu den Britischen Jungferninseln nicht. Auch die EuGVVO gilt im Verhältnis zu den Britischen Jungferninseln nicht unmittelbar.

2. Die Anwendung der Regelungen des Auslandsinvestmentgesetzes setzt voraus, dass das Vermögen, dessen Anteile als ausländische Investmentanteile im Sinne von § 1 Abs. 1 S. 1 AuslInvestmG vertrieben werden, nach dem Grundsatz der Risikomischung angelegt worden ist oder angelegt werden soll. Hierfür reicht es nicht aus, dass das betreffende Unternehmen satzungsgemäß die Möglichkeit hat, Vermögen nach dem Grundsatz der Risikomischung anzulegen, wenn diese Möglichkeit tatsächlich nicht umgesetzt wurde und dies auch nicht beabsichtigt war.

(Mitgeteilt von: RiOLG Joachim Busch, OLG Düsseldorf)

Darlegungslast zur Begründung des Gerichtsstands nach Art. 15 Abs. 1 EuGVVO

BGH 29.11.2011 – XI ZR 172/11

Die nach deutschem internationalen Verfahrensrecht zu bestimmende Darlegungslast zur Begründung des Gerichtsstands nach Art. 15 Abs. 1 EuGVVO hat auch dann den autonomen Vertragsbegriff der EuGVVO zugrunde zu legen, wenn das anwendbare materielle Recht deutsches Recht ist.

Kosten des ausländischen Verkehrsanwalts einer ausländischen Partei

BGH 28.9.2011 – I ZB 97/09

1. Für die Frage, ob die Kosten des ausländischen Verkehrsanwalts einer ausländischen Partei erstattungsfähig sind, bedarf es einer Notwendigkeitsprüfung im Einzelfall. Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine ausländische Partei typischerweise etwa wegen sprachlicher Barrieren, kultureller Unterschiede oder mangelnder Vertrautheit mit dem deutschen Rechtssystem eher auf einen Verkehrsanwalt an ihrem Wohn- oder Geschäftssitz angewiesen sein wird als eine inländische Partei.

2. Die Mitwirkung eines ausländischen Verkehrsanwalts ist jedenfalls nicht erforderlich, wenn der deutsche Verfahrensbevollmächtigte bereits über alle nötigen Informationen verfügt oder wenn es für die ausländische Partei möglich, zumutbar und kostengünstiger ist, den inländischen Prozessbevollmächtigten unmittelbar zu informieren.

Rechtsschutz gegen Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel

BGH 21.7.2011 – I ZB 71/09

1. Weist der Rechtspfleger einen Antrag auf Widerruf der Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel zurück und weist auch der Richter die dagegen gerichtete Erinnerung zurück, ist gegen dessen Entscheidung kein Rechtsmittel gegeben. Widerruft dagegen der Richter auf die Erinnerung gegen die den Widerruf ablehnende Entscheidung des Rechtspflegers die Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel, ist gegen die Entscheidung des Richters die sofortige Beschwerde statthaft.

2. Eine ordnungsgemäße Belehrung im Sinne von Art. 17 EuVTVO liegt nicht vor, wenn der Kostenfestsetzungsantrag erst zusammen mit dem Kostenfestsetzungsbeschluss zugestellt wird.

3. Ist mit dem Kostenfestsetzungsantrag keine ordnungsgemäße Unterrichtung des Schuldners nach Art. 17 EuVTVO erfolgt, setzt eine Heilung nach Art. 18 Abs. 1 EuVTVO in einem Fall, in dem eine gesonderte Überprüfung der Kostengrundentscheidung im Zeitpunkt der Zustellung des Kostenfestsetzungsbeschlusses noch möglich ist, nach Art. 18 Abs. 1 lit. b EuVTVO auch die Belehrung über den Rechtsbehelf gegen die Kostengrundentscheidung voraus.

Spanische Rechtsträgergesellschaft im deutschen Handelsregister

KG 19.1.2012 – 25 W 66/11

1. Die neue Rechtsform der von einer Aktiengesellschaft in eine GmbH nach spanischem Recht umgewandelten spanischen Rechtsträgergesellschaft ist unter Angabe der nach der Umwandlung maßgebenden spanischen Registernummer in das Handelsregister der deutschen Zweigniederlassung in Spalte 6 des Registerblattes einzutragen.

2. Die spanische Rechtsträgergesellschaft hat gemäß § 13g Abs. 2 S. 1 HGB den Gesellschaftsvertrag der durch Formwechsel entstandenen GmbH nebst beglaubigter Übersetzung beim Handelsregister einzureichen.

3. Die Änderungen des Gesellschaftsvertrages der spanischen Rechtsträger-GmbH sind durch deren Geschäftsführer zur Eintragung in das Handelsregister am Sitz der deutschen Zweigniederlassung anzumelden.

(Mitgeteilt von: RiKG Dr. P. Sdorra, Berlin)

Art. 30 in Abgrenzung zu Art. 17 Abs. 2 EuUnterhVO

OLG München 12.1.2012 – 12 UF 48/12

Zur Vollstreckbarerklärung eines österreichischen Titels gem. Art. 30 EuUnterhVO in Abgrenzung zu Art. 17 Abs. 2 EuUnterhVO.

(Mitgeteilt von: VRiOLG Rainer Hüßtege, OLG München)

Vorfragen bei der Neuberechnung des Scheidungsunterhalts wegen neuer Ehe

OLG Nürnberg 11.1.2012 – 7 UF 747/11

Ist für die Beurteilung eines Anspruchs auf nachehelichen Unterhalt gegen einen im Ausland lebenden Unterhaltspflichtigen deutsches Recht anwendbar, so gilt dies auch für die Beurteilung der in diesem Zusammenhang zu klärenden Frage, ob aus der vom Unterhaltspflichtigen im Ausland geführten neuen Ehe eine Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem neuen Ehegatten besteht.

In den Niederlanden registrierte Partnerschaft als Ehehindernis in Deutschland

KG 3.1.2011 – 1 VA 12/11

Das nach niederländischem Recht bestehende Ehehindernis der registrierten Partnerschaft zwischen einem Niederländer und einer Deutschen steht deren Eheschließung in Deutschland entgegen. Der Antrag auf Befreiung vom Erfordernis der Beibringung eines Ehefähigkeitszeugnisses ist dann unbegründet, weil es den registrierten Partner zuzumuten ist, zunächst ihre Partnerschaft in den Niederlanden in eine Ehe umzusetzen.

(Mitgeteilt von: RiKG Ronny Müller, KG)

Unterhalt und Schmerzensgeld

OLG Stuttgart 21.12.2011 – 17 UF 276/11

Zur Vollstreckbarerklärung eines türkischen Scheidungsverbundurteils nach dem Haager Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen vom 2.10.1973 (HUVÜ 1973). Der Schmerzensgeldanspruch nach Art. 174 Abs. 2 türkisches ZGB betrifft keine Regelung der Unterhaltspflicht im Sinne des Art. 3 HUVÜ 1973.

(Mitgeteilt vom: 17. Familiensenat, OLG Stuttgart)

Ausländischer Scheinwohnsitz: Keine Zuständigkeitskontrolle im Rahmen von Art. 16 EuInsVO

OLG Nürnberg 15.12.2011 – 1 U 2/11

1. Im Rahmen von Art. 16 EuInsVO findet keine Überprüfung statt, ob das ausländische Gericht seine Zuständigkeit zu Recht angenommen hat. Das gilt auch, wenn geltend gemacht wird, der ausländische Wohnsitz des Schuldners sei ein Scheinwohnsitz, um ein Insolvenzverfahren im Ausland durchführen zu können.

2. Der Einwand, das ausländische Gericht habe seine Zuständigkeit fehlerhaft bejaht oder der Schuldner habe dessen Zuständigkeit erschlichen, kann auch grundsätzlich nicht über Art. 26 EuInsVO (Verstoß gegen den ordre public) geltend gemacht werden.

EuGVVO/EuUnterhVO: Meistbegünstigungsgrundsatz bei Rechtsmitteln gegen Anerkennung eines Unterhaltstitels

OLG Karlsruhe 6.12.2011 – 8 W 34/11

1. Die Anerkennung von Unterhaltsurteilen aus Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (mit Ausnahme Dänemarks) richtet sich seit dem 18.6.2011 nach Art. 75 Abs. 2, 24 ff. EuUnthVO, wenn der anzuerkennende Titel vor dem Inkrafttreten der Verordnung nach Maßgabe der EuGVVO erlassen wurde. Zuständig ist nach § 35 Abs. 1 AUHG (2011), § 111 Nr. 8 FamFG das Familiengericht am Sitz der Oberlandesgerichts, in dessen Bezirk der Unterhaltsschuldner seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.

2. Erfolgt die Anerkennung eines Unterhaltstitels in erster Instanz irrtümlich nach Art. 38 ff. EuGVVO, ist die Beschwerde nach Art. 43 EuGVVO statthaft. Jedoch können die örtliche und sachliche Unzuständigkeit des Erstgerichts nach § 571 Abs. 2 Satz 2 ZPO im Beschwerdeverfahren nicht gerügt werden. Das Beschwerdegericht entscheidet über die Anerkennung nach Maßgabe der Art. 24 ff. EuUnthVO.

3. Im Anerkennungsverfahren nach Art. 24 EuUnthVO kommt es nach Art. 22 EuUnthVO nicht auf ein anhängiges Statusverfahren im Inland an. Ziel der Unterhaltsverordnung ist allein, das im EU-Erststaat (außer Dänemark) erlassene Unterhaltsurteil rasch und effizient zu durchzusetzen. Ein gegenläufiges Statusverfahren vermag die Anerkennung des Unterhaltsurteils nach Art. 24 lit. a und c EuUnthVO nicht zu sperren.

Zustellungserfordernisse beim europäischen Vollstreckungstitel

AG Augsburg 27.1.2012 – 1 M 10281/12

1. Für die Zwangsvollstreckung einer als europäischer Vollstreckungstitel bestätigten Entscheidung im Sinne der EuVTVO bedarf es wegen § 750 Abs. 1 ZPO des Nachweises der Zustellung der ausländischen Entscheidung.

2. Die Bestätigung der ausländischen Entscheidung als europäischer Vollstreckungstitel bedarf keiner Zustellung an den Schuldner.

3. Ist der Schuldner in dem zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung bestimmten Termin nicht erschienen und wird der Zustellungsmangel nach § 750 Abs. 1 ZPO nach diesem Termin geheilt, muss ein neuer Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung bestimmt werden.

Keine Beiordnung ausländischer Anwälte

OVG Berlin-Brandenburg 9.12.2011 – OVG 2 M 49/11

Ausländische Anwälte können, jedenfalls soweit sie nicht nach dem Gesetz über die Tätigkeit europäischer Rechtsanwälte in Deutschland (EuRAG) deutschen Rechtsanwälten gleichgestellt sind, nicht gemäß § 121 ZPO beigeordnet werden.

Neuigkeiten zum US-amerikanischem ordre public

U.S. Bankruptcy Court, Southern District of New York 22.7.2011 – Case No. 11-11049 (ALG) – In re Dr. Jürgen Toft, Debtor in a Foreign Proceeding

Zur Unvereinbarkeit eines deutschen Abhörbeschlusses mit US-amerikanischem ordre public.

Veranstaltungshinweise

  • Vom 5.–8.3.2013 findet in der Universität Heidelberg eine internationale Konferenz zum Thema „Internationale Unterhaltsrealisierung in der EU und weltweit“ statt. Projektpartner des EU-finanzierten Projekts sind das Institut für Jugendhilfe und Familienrecht (Heidelberg), die Universitäten Aberdeen (Prof. Beaumont) und Heidelberg (Prof. Hess), die Haager IPR-Konferenz sowie das Bundesjustizministerium. Die mehrsprachige Konferenz soll rechtliche und praktische Probleme der grenzüberschreitenden Geltendmachung von Unterhaltsforderungen behandeln. In diesem Zusammenhang werden u.a. die Zusammenarbeit der nationalen Zentralbehörden sowie die nationalen Aus- und Durchführungsgesetze zur Verordnung untersucht. Ziel ist es, ein weltweites Forum von Rechtspraktikern und Wissenschaftlern zum Erfahrungsaustausch zu eröffnen und konkrete Modelle zur Verbesserung der länderübergreifenden Kooperation und Kommunikation zu erarbeiten. Die Teilnahme steht allen Interessierten offen. Weitere Informationen (u.a. über einen regelmäßig erscheinenden Conference Letter) und Anmeldung unter: http://www.heidelberg-conference2013.de/.

  • Am 16.3.2012 richtet das Institut suisse de droit comparé (ISDC) gemeinsam mit dem Centre de droit comparé, européen et international (CDCEI) in Lausanne den „24e Journée de droit inernational privé“ aus. Es werden Vorträge und Diskussionen rund um das Thema „Derniers développements suisses et européeens en droit international privé de la famille“ gehalten. Weitere Information und Anmeldung unter www.isdc.ch.

  • Im Jahr 2012 lädt das Centrum für Europäisches Privatrecht (Universität Münster) zu folgenden Veranstaltungen im Bereich des IPR:

    „Civil Law Codification Commission – The Sales Law Reform in Poland –“, 16.4.2012 in Münster;

    „Why is Europe not like the US? The (non-)existence of a European Property Law“, 7.5.2012 in Münster;

    „The Directive 2002/47/EC on Financial Collateral Agreements“, 15.5.2012 in Münster;

    „The Reliance Principle in Europe between culpa in contrahendo and Tort Law“, 28.6.2012 in Münster;

    European Law Days – „The European Law of Obligations at a Turning Point“, 17.–19.10.2012 in Münster und Osnabrück;

    4ièmes Journées franco-allemandes – „Les divergences franco-allemandes dans la théorie du contrat – querelles du mot ou querelles du fonds?“, 25.–26.10.2012 in Bordeaux.

    Weitere Informationen unter: http://www.jura.uni-muenster.de/go/organisation/ fakultaetsnahe-einrichtungen/cep/ankuendigungen.html.

  • Vom 22.–24.4.2012 veranstaltet die World Jurist Association eine Konferenz zum Thema „Law and Technology: Innovation in the Digital Age“. Veranstaltungsort ist Washington, DC. Weitere Informationen und Anmeldung unter: http://www.worldjurist.org/.

Stand: 04.01.2011