zum Inhalt springen

Neueste Informationen Heft 4/2018

Aufhebung von Mehrehen bei Inlandsaufenthalt

Der Freistaat Bayern hat am 5.6.2018 einen Gesetzesantrag gestellt, welcher den Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung der Mehrehe beinhaltet (BR.-Drs. 249/18, abrufbar unter https://www.bundesrat.de/SharedDocs/drucksachen/2018/0201-0300/249-18.pdf?__blob=publicationFile&v=1). Das Gesetz soll am Tag nach der Verkündung in Kraft treten. Es soll ein neuer Absatz vier in Art. 13 EGBGB eingefügt werden. Der bisherige Absatz 4 soll Absatz 5 werden:

Art. 13 Abs. 4 EGBGB-Entwurf:

„(4) Haben beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, so ist eine nach ausländischem Recht geschlossene Ehe nach deutschem Recht aufzuheben, wenn bei der Eheschließung zwischen einem der Ehegatten und einer dritten Person bereits eine Ehe oder Lebenspartnerschaft bestand.“

 

Änderung der Art. 3, 3a, 4, 15, 16, 17, 17a, 19, 22 EGBGB

Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat am 12.6.2018 den Entwurf eines Gesetzes zum internationalen Güterrecht und zur Änderung von Vorschriften des Internationalen Privatrechts veröffentlicht. Der Entwurf ist abrufbar unter: https://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/Dokumente/RefE_IntG%C3%BCRVG.pdf?__blob=publicationFile&v=2. Art. 2 des Entwurfs beinhaltet die folgenden Änderungsvorschläge für das EGBGB. Art. 3 EGBGB erwähnt die neuen EuGüVO und EuPartVO, Art. 3a, 15 und 16 EGBGB werden aufgehoben. Weitere Änderungen:

Artikel 4 wird wie folgt geändert:

a) Die Überschrift wird wie folgt gefasst:

 

Artikel 4

Verweisung

b) Dem Wortlaut des Absatzes 2 wird folgender Satz vorangestellt:

„Verweisungen auf Sachvorschriften beziehen sich auf die Rechtsnormen der maßgebenden Rechtsordnung unter Ausschluss derjenigen des Internationalen Privatrechts.“

 

Artikel 14 wird wie folgt gefasst:

„Artikel 14

Allgemeine Ehewirkungen

(1) Die allgemeinen Ehewirkungen unterliegen dem von den Ehegatten gewählten

Recht. Wählbar sind

1. das Recht des Staates, in dem beide Ehegatten im Zeitpunkt der Rechtswahl ihren

gewöhnlichen Aufenthalt haben,

2. das Recht des Staates, in dem beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt während der Ehe zuletzt hatten, wenn einer von ihnen im Zeitpunkt der Rechtswahl dort noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, oder

3. ungeachtet des Artikels 5 Absatz 1 das Recht des Staates, dem ein Ehegatte im Zeitpunkt der Rechtswahl angehört.

Die Rechtswahl muss notariell beurkundet werden. Wird sie nicht im Inland vorgenommen, so genügt es, wenn sie den Formerfordernissen für einen Ehevertrag nach dem gewählten Recht oder am Ort der Rechtswahl entspricht.

(2) Soweit die Ehegatten keine Rechtswahl getroffen haben, unterliegen die allgemeinen

Ehewirkungen

1. dem Recht des Staates, in dem beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sonst

2. dem Recht des Staates, in dem beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt während der Ehe zuletzt hatten, wenn einer von ihnen dort noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, sonst

3. dem Recht des Staates, dem beide Ehegatten angehören, sonst

4. dem Recht des Staates, mit dem die Ehegatten auf andere Weise gemeinsam am engsten verbunden sind.“

 

Artikel 17 wird wie folgt geändert:

„Artikel 17

Sonderregelungen zur Scheidung“.

 (1) Soweit vermögensrechtliche Scheidungsfolgen nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung (EU) 2016/1103 oder der Verordnung (EG) Nr. 4/2009 fallen oder von anderen Vorschriften dieses Abschnitts erfasst sind, unterliegen sie dem nach der Verordnung (EU) Nr. 1259/2010 auf die Scheidung anzuwendenden Recht.“

(2) Auf Scheidungen, die nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung (EU) Nr. 1259/2010 fallen, finden die Vorschriften des Kapitels II dieser Verordnung mit folgenden Maßgaben entsprechende Anwendung:

1. Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe d der Verordnung (EU) Nr. 1259/2010 ist nicht anzuwenden;

2. in Artikel 5 Absatz 2, Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 8 Buchstabe a bis c der Verordnung (EU) Nr. 1259/2010 ist statt auf den Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts auf den Zeitpunkt der Einleitung des Scheidungsverfahrens abzustellen;

3. abweichend von Artikel 5 Absatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 1259/2010 können die Ehegatten die Rechtswahl auch noch im Laufe des Verfahrens in der durch Artikel 7 dieser Verordnung bestimmten Form vornehmen, wenn das gewählte Recht dies vorsieht;

4. im Fall des Artikels 8 Buchstabe d der Verordnung (EU) Nr. 1259/2010 ist statt des Rechts des angerufenen Gerichts das Recht desjenigen Staates anzuwenden, mit dem die Ehegatten im Zeitpunkt der Einleitung des Scheidungsverfahrens auf andere Weise gemeinsam am engsten verbunden sind

und

5. statt der Artikel 10 und 12 der Verordnung (EU) Nr. 1259/2010 findet Artikel 6 Anwendung.“

Die bisherigen Absätze 2 und 3 des Art. 17 EGBGB werden die Absätze 3 und 4.

 

Artikel 17a wird wie folgt gefasst:

„Artikel 17a

Ehewohnung

Betretungs-, Näherungs- und Kontaktverbote, die mit einer im Inland belegenen Ehewohnung zusammenhängen, unterliegen den deutschen Sachvorschriften.“

 

Artikel 17b wird wie folgt geändert:

a) In Absatz 1 Satz 1 werden die Wörter „und die güterrechtlichen“ gestrichen.

b) Absatz 2 wird wie folgt geändert:

aa) In Satz 1 wird das Wort „Abs.“ durch das Wort „Absatz“ ersetzt.

bb) Die Sätze 2 und 3 werden aufgehoben.

c) Absatz 4 wird wie folgt geändert:

aa) In Satz 1 werden die Wörter „Die Bestimmungen der“ gestrichen.

bb) Folgender Satz wird angefügt:

„Die güterrechtlichen Wirkungen der gleichgeschlechtlichen Ehe unterliegen dem nach der Verordnung (EU) Nr. 2016/1103 anzuwendenden Recht.“

 

In Artikel 19 Absatz 1 Satz 3 wird die Angabe „Abs. 1“ durch die Angabe „Absatz 2“ ersetzt.

In Artikel 22 Absatz 1 Satz 2 wird die Angabe „Abs. 1“ durch die Angabe „Absatz 2“ ersetzt.

 

Änderung des Art. 17b EGBGB

Einen weiteren Vorschlag für die Änderung des EGBGB hat das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz am 6.6.2018 mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung des Gesetzes zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts veröffentlicht. Der Referentenentwurf ist abrufbar unter: https://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/Dokumente/RefE_Eheoeffnung_BegleitG.pdf?__blob=publicationFile&v=1. Art. 2 des Entwurfs enthält den folgenden Änderungsvorschlag für das EGBGB:

1. Artikel 17b wird wie folgt geändert:

a) Absatz 4 wird wie folgt gefasst:

„(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten für die gleichgeschlechtliche Ehe mit der Maßgabe entsprechend, dass sich das auf die Ehescheidung und die Trennung ohne Auflösung des Ehebandes anzuwendende Recht nach der Verordnung (EU) Nr. 1259/2010 richtet.“

b) Folgender Absatz 5 wird angefügt:

„(5) Für die gleichgeschlechtliche Ehe gelten Artikel 17 Absatz 1 und 2, Artikel 22 Absatz 1 Satz 3 und Absatz 3 Satz 1 sowie Artikel 46e entsprechend. Artikel 19 Absatz 1 Satz 3 gilt mit der Maßgabe entsprechend, dass anstelle des danach anzuwendenden Rechts das nach Absatz 1 Satz 1 anzuwendende Recht tritt.“

2. Dem Artikel 229 wird folgender § 47 [einsetzen: nächste bei der Verkündung freie Zählbezeichnung] angefügt:

„§ 47 [einsetzen: nächste bei der Verkündung freie Zählbezeichnung]

 

Überleitungsvorschrift zum Gesetz zur Umsetzung des Gesetzes zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts

 

Auf gleichgeschlechtliche Ehen und eingetragene Lebenspartnerschaften, die vor dem 1. Oktober 2017 im Ausland nach den Sachvorschriften des Register führenden Staates wirksam geschlossen oder begründet worden sind, findet Artikel 17b Absatz 4 in seiner bis einschließlich 30. September 2017 geltenden Fassung keine Anwendung.“

 

Änderung der EuBeweisVO und der EuZustellVO

Am 31.5.2018 hat die Europäische Kommission Vorschläge für die Änderung (COM(2018) 378 final und COM(2018) 379 final) zweier Verordnungen veröffentlicht. Abgeändert werden sollen die Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 des Rates vom 28. Mai 2001 über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- oder Handelssachen sowie die Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten (Zustellung von Schriftstücken) und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates. Die bisher nur auf Englisch veröffentlichen Vorschläge finden sie unter: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/EN/TXT/?qid=1528897112713&uri=CELEX:52018PC0378 und unter https://eur-lex.europa.eu/resource.html?uri=cellar:a866f26f-64b4-11e8-ab9c-01aa75ed71a1.0001.02/DOC_1&format=PDF.

Europäisches Gesellschaftsrecht – Vorschläge der EU-Kommission zum Company Law Package

Die Europäische Kommission hat am 25.4.2018 zwei Richtlinienvorschläge zur Änderung der Richtlinie (EU) 2017/1132 vorgelegt. Es handelt sich um das Company Law Package, mit dem die Harmonisierung und Weiterentwicklung des Gesellschaftsrechts der EU-Mitgliedstaaten vorangetrieben werden soll. Der eine Richtlinienvorschlag (COM/2018/239 final – 2018/0113 (COD)) enthält Regelungen zur Benutzung digitaler Instrumente und Prozesse im Unternehmensrecht. Dies betrifft vor allem die Online-Registrierung von Gesellschaften mit beschränkter Haftung und von Zweigniederlassungen von Gesellschaften aus anderen Mitgliedstaaten. Der andere Richtlinienvorschlag (COM/2018/241 final – 2018/01 14 (COD)) sieht Bestimmungen zum Umwandlungsrecht mit grenzüberschreitendem Bezug vor. Letzterer lässt sich weiter in drei wesentliche Regelungskomplexe untergliedern:

1. Es sollen erstmals EU-Vorgaben zum grenzüberschreitenden Formwechsel eingeführt werden. Dazu sollen die Art. 86a ff. in der EU-RL 2017/1132 aufgenommen werden.

2. Die seit dem 26.10.2005 bestehenden EU-Regelungen zur grenzüberschreitenden Verschmelzung, die sich unter Art. 118 ff. der Richtlinie (EU) 2017/1132 finden, sollen überarbeitet und ergänzt werden.

3. Es sollen erstmals EU-Vorgaben zur grenzüberschreitenden Spaltung eingeführt werden. Dazu sollen die Art. 160a ff. in der EU-RL 2017/1132 aufgenommen werden. Die Richtlinienvorschläge sind unter den folgenden Links abrufbar: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/EN/TXT/?uri=COM%3A2018%3A239%3AFIN und https://eur-lex.euroa.eu/legal-content/EN/TXT/PDF/?uri=CELEX:52018PC0241&from=EN.

2018 Draft Convention on the Recognition and Enforcement of Foreign Judgments

Die englische und französische Fassung der HCCH Draft Convention on the Recognition and Enforcement of Foreign Judgments sind auf der Website der Haager Konferenz (www.hcch.net) erfügbar. Für Mitte 2019 ist eine diplomatische Sitzung angesetzt, bei der die 2018 Draft Convention die Grundlage der Diskussion sein wird.

Brussels International Buisness Court (BIBC)

Als Folge des Brexits hat sich die belgische Regierung zum Ziel gemacht, einen spezialisierten Business Court zu errichten, der Brüssel zum neuen Zentrum für handelsrechtliche Streitigkeiten machen soll. Näheres zu der Zuständigkeitsvoraussetzungen des Brussels International Business Court (BIBC) und dem Verfahren unter: http://conflictoflaws.net/2018/the-belgian-government-unveils-its-plan-for-the-brussels-international-business-court-bibc/?utm_source=feedburner&utm_medium=email&utm_campaign=Feed%3A+conflictoflaws%2FRSS+%28Conflict+of+Laws+.net%29.

 

Vorfrage der gleichgeschlechtlichen Ehe im Aufenthaltsrecht: Statusanerkennung in der Union?

EuGH 5.6.2018 – Rs. C-673/16 – Coman, Hamilton und Asocieţia Accept ./. Inspectoratul General pentru Imigrări, Ministerul Afacerilor Interne

1. In einem Fall, in dem ein Unionsbürger sein Recht auf Freizügigkeit ausgeübt hat, indem er sich gemäß den Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG in einen anderen Mitgliedstaat als den, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, begeben und sich dort tatsächlich aufgehalten hat, und im Zuge dessen ein Familienleben mit einem gleichgeschlechtlichen Drittstaatsangehörigen entwickelt oder gefestigt hat, den er im Aufnahmemitgliedstaat rechtmäßig geheiratet hat, ist Art. 21 Abs. 1 AEUV dahin auszulegen, dass er es den zuständigen Behörden des Mitgliedstaats, dessen Staatsangehörigkeit der Unionsbürger besitzt, verwehrt, dem Drittstaatsangehörigen ein Recht zum Aufenthalt im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats mit der Begründung zu verweigern, dass das Recht dieses Mitgliedstaats die Ehe zwischen Personen gleichen Geschlechts nicht vorsieht.

2. Art. 21 Abs. 1 AEUV ist dahin auszulegen, dass unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens ein Drittstaatsangehöriger, der dasselbe Geschlecht hat wie der Unionsbürger, den er in einem Mitgliedstaat nach dessen Recht geheiratet hat, über ein Recht auf Aufenthalt für mehr als drei Monate im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats verfügt, dessen Staatsangehörigkeit der Unionsbürger besitzt. Dieses abgeleitete Aufenthaltsrecht darf keinen strengeren Voraussetzungen als den in Art. 7 der Richtlinie 2004/38 vorgesehenen unterworfen werden. (Mitgeteilt von Dr. Susanne Gössl, LL.M., Bonn)

Art. 8 Nr. 3 EuGVVO: Widerklagezuständigkeit bei Verletzung des Persönlichkeitsrechts

EuGH 31.5.2018 – Rs. C-306/17 – Nothartová ./. Boldizsár

Art. 8 Nr. 3 EuGVVO ist dahin auszulegen, dass er in einem Fall, in dem der Beklagte bei dem Gericht, das für die Entscheidung über eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte des Klägers, die darin bestehen soll, dass Fotos und Videoaufnahmen ohne dessen Wissen gemacht wurden, zuständig ist, eine Widerklage auf Schadensersatz aus deliktischer oder quasi deliktischer Haftung des Klägers insbesondere für die Beschränkung seiner geistigen Schöpfung, die Gegenstand der Klage ist, erhebt, auf nicht ausschließlicher Basis anwendbar ist, wenn das Gericht im Zuge der Prüfung der Widerklage die Frage beurteilen muss, ob die Handlungen, auf die der Kläger seine eigenen Ansprüche stützt, rechtmäßig sind.

EuEheVO: Großelternumgangsrecht erfasst

EuGH 31.5.2018 – Rs. C-335/17 – Valcheva ./. Babanarakis

Der Begriff „Umgangsrecht“ nach Art. 1 Abs. 2 lit. a sowie nach Art. 2 Nr. 7 und 10 EuEheVO ist dahin auszulegen, dass er das Umgangsrecht der Großeltern mit ihren Enkelkindern umfasst.

EuEheVO und EuUnterhaltsVO: Gewöhnlicher Aufenthalt bei Kindesentführung durch einen Elternteil

EuGH 10.4.2018 – Rs. C-85/18 PPU – CV ./. DU

Article 10 of Council Regulation (EC) No 2201/2003 of 27 November 2003 concerning jurisdiction and the recognition and enforcement of judgments in matrimonial matters and the matters of parental responsibility, repealing Regulation (EC) No 1347/2000, and Article 3 of Council Regulation (EC) No 4/2009 of 18 December 2008 on jurisdiction, applicable law, recognition and enforcement of decisions and cooperation in matters relating to maintenance obligations, must be interpreted as meaning that, in a case such as that at issue in the main proceedings, in which a child who was habitually resident in a Member State was wrongfully removed by one of the parents to another Member State, the courts of that other Member State do not have jurisdiction to rule on an application relating to custody or the determination of a maintenance allowance with respect to that child, in the absence of any indication that the other parent consented to his removal or did not bring an application for the return of that child.

Art. 25 Abs. 1 Satz 3 lit. c EuGVVO: Beweis des Handelsbrauchs

BGH 26.4.2018 – VII ZR 139/17

Der Behauptung einer Partei, eine bestimmte Form der Gerichtsstandsvereinbarung entspreche unter Kaufleuten in dem betreffenden Geschäftszweig des internationalen Handelsverkehrs einem Handelsbrauch i.S.d. Art. 25 Abs. 1 Satz 3 lit. c EuGVVO, ist im Rahmen der von Amts wegen durchzuführenden Prüfung der internationalen Zuständigkeit grundsätzlich nachzugehen. Das Gericht ist dabei von Beweisanträgen unabhängig und kann im Wege des Freibeweises vorgehen. An die Annahme, die Beweiserhebung sei entbehrlich, weil die Behauptung willkürlich „ins Blaue hinein“ erfolgt sei, sind strenge Anforderungen zu stellen.

Internationale Zuständigkeit der deutschen Arbeitsgerichte

BAG 12.12.2017 – 3 AZR 305/16

Unterhalten international tätige Unternehmen in Deutschland weder eine Zweigniederlassung noch eine Agentur oder sonstige Niederlassung i.S.v. Art. 18 Abs. 2 EuGVVO 2001 und gibt es keine vorrangigen Regelungen in internationalen Verträgen oder Übereinkommen, richtet sich die internationale Zuständigkeit der deutschen Arbeitsgerichte gemäß Art. 4 Abs. 2 EuGVVO nach der örtlichen Zuständigkeit im deutschen Recht.

Art. 20 Deutsch-Türkisches Nachlassabkommen und Anwendbarkeit des § 1371 BGB

OLG Karlsruhe 27.2.2018 – 14 W 113/16 (Wx)

1. Im Fall der gesetzlichen Erbfolge eines türkischen Staatsangehörigen, der seinen letzten Wohnsitz in Deutschland hatte und nach türkischem Recht verheiratet war, kommt es nicht zu einer Erhöhung des gesetzlichen Erbteils des überlebenden Ehegatten nach § 1371 Abs. 1 BGB.

2. Aus Art. 20 des Deutsch-Türkischen Nachlassabkommens ergibt sich keine Anwendbarkeit von § 1371 Abs. 1 BGB, wenn die Eheleute im Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung nach türkischem Recht lebten.

3. Das über Art. 15 Abs. 1, 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB anwendbare türkische internationale Privatrecht (Art. 15 Abs. 2 TIPRG) enthält keine Rückverweisung auf § 1371 Abs. 1 BGB.

Nochmals: Volljährigkeit ist nach dem Recht Guineas

OLG Hamm 20.2.2018 – 4 UF 243/16

1. Maßgeblich für die Frage der Volljährigkeit ist nach dem Recht Guineas Art. 168 Code de l‘enfant.

2. Die anderslautende Regelung in Art. 443 Code Civil, wonach Volljährigkeit mit Vollendung des 21. Lebensjahres eintritt, greift nicht ein, da sie durch die zeitlich jüngere Regelung des Art. 168 Code de l‘enfant gem. Art. 442 Code de l‘enfant i.V.m. Art. 6 der Einführungsbestimmungen des Code Civil stillschweigend aufgehoben worden ist.

Konkludente Zustimmung zum Verbringen von Kindern in ein anderes Land

OLG Stuttgart 3.2.2017 – 17 UF 274/16

1. Für das Vorliegen und den Inhalt einer Zustimmung zum Verbringen von Kindern in ein anderes Land, die auch konkludent erklärt werden kann, kommt es auf einen objektiven Empfängerhorizont an.

2. Der Elternteil, der die Kinder in ein anderes Land verbracht hat, trägt die Beweislast für die Erteilung einer Zustimmung durch den anderen Elternteil. Etwaige Zweifel gehen zu seinen Lasten. Bezüglich der Feststellung der Einverständniserklärung sind hohe Anforderungen an die Beweiswürdigung des Gerichts zu stellen.

3. An eine nachträgliche Genehmigung werden grundsätzlich noch strengere Anforderungen als an eine vorab erteilte Zustimmung gestellt. Sie muss klar, eindeutig und unbedingt sein. Eine konkludente Erteilung ist nicht ausgeschlossen. Sie kann sich aus einer Erklärung oder aus den Umständen – insbesondere dem Verhalten – ergeben. Nicht ausreichend ist allerdings die bloße Untätigkeit oder zeitweilige Hinnahme des Aufenthalts des Kindes beim „Entführer“.

 

Art. 19 Nr. 2 lit. a EuGVVO: Arbeitsort und Heimatbasis von Flugpersonal

LArbG Berlin-Brandenburg 27.2.2018 – 6 SHa 140/18

1. Für die Bestimmung eines besonderen Gerichtsstandes im Rahmen der örtlichen Zuständigkeit bei Klagen eines Piloten gegen eine Fluglinie mit Sitz im EU-Ausland ist die Heimatbasis (home base) ein wesentliches Indiz (im Anschluss an EuGH 14.09.2017 – C-168/16 und C-169/16 zu Art. 21 EuGVVO).

2. Bei Klagen von Piloten gegen inländische Fluggesellschaften ist § 48 Abs. 1 a ArbGG nach den gleichen Kriterien wie Art. 21 EuGVVO auszulegen. Der Ort, von dessen Bezirk aus der Pilot gewöhnlich seine Arbeit verrichtet, ist in der Regel die Heimatbasis.

3. Eine Zuständigkeitsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Ziff. 3 ZPO ist trotz gemeinsamen besonderen Gerichtsstands ausnahmsweise möglich, wenn die Bestimmung des Gerichtsstands nicht einfach und zuverlässig festgestellt werden kann.

Veranstaltungshinweis

Zur Feier des 30. Private International Law Days veranstaltet das Schweizerische Institut für Rechtsvergleichung am 28.6.2018 in Lausanne eine Konferenz mit dem Titel „Le droit international privé dans le labyrinthe des plateformes digitales“. Die Konferenz ist den neuen Herausforderungen der sogenannten „collaborative“ oder „sharing“ economy gewidmet, solchen wirtschaftlichen Aktivitäten also, die auf der Anwendung digitaler Plattformen basieren. Das Programm der Konferenz ist abrufbar unter: https://www.isdc.ch/media/1509/flyer-a5-4p-et-bulletin-20180628-v06-visu.pdf